Paralympisch leben

Auf zwei Neue // Parakanu und Paratriathlon sind erstmals Paralympisch

Auf zwei Neue // Parakanu und Paratriathlon sind erstmals Paralympisch
Foto: Martin Schulz gilt als großer Medaillenkandidat im erstmals paralympischen Paratriathlon. Quelle: Picture Alliance
09. September 2016

Edina Müller schipperte 2013 in der Freizeit noch mit einem Wanderboot übers Wasser. Es war nur ein Hobby der Rollstuhlbasketballerin. Drei Jahre später gehört sie bei den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro zu den Medaillenfavoriten in einer ganz neuen Sportart: Parakanu.

Das erste Parakanu-Rennen wurde im Jahr 2009 in Kanada ausgetragen. Seitdem geht es für die Sportart immer weiter flussaufwärts. Noch im gleichen Jahr fand die erste Europameisterschaft statt, 2010 gab es die erste Weltmeisterschaft. 28 Länder nahmen teil.

Sechs Jahre später ist Parakanu paralympisch. "Der Deutsche Kanu-Verband hat seit 2009 versucht, den Sport zu den Paralympics zu bringen", erklärt Christel Schlisio, Pressereferentin beim Deutschen Kanu-Verband (DKV). "Besonders Präsident Thomas Konietzko hat sich um die Inklusion behinderter Sportler bemüht." Mit Erfolg: Die meisten Vereine bieten inzwischen Parakanu-Sport an, seit 2011 werden die deutschen Meisterschaften gemeinsam ausgetragen.

Die Rennen finden über eine Distanz von 200 Metern über vorgegebene Bahnen statt. Die Athleten sitzen in speziell angefertigten Einerkajaks. Sitze und Paddel werden teilweise individuell angepasst. Ansonsten entsprechen die Regeln denen des Kanusportverbands.

Je nach Stärke der Einschränkung von Rumpf- und Beinfunktion treten die Sportler in den Klassen K1 bis K3 an. Edina Müller zählt in der Klasse K1 der Frauen zu den Favoritinnen. 2012 holte die 33-Jährige Gold im Rollstuhlbasketball, in diesem Jahr gewann sie im Parakanu bereits die Weltmeisterschaft. "Ich bin durch Zufall zum Kanu-Sport gekommen, fuhr aber vorher privat Kanu und hatte sehr gute Trainingsbedingungen", sagt Müller. Ihre größte Konkurrentin ist die Britin Jeanette Chippington. Müller besiegte sie bei der WM nur um 0,19 Sekunden.

Zweiter "Neuling" bei den Paralympics in Rio ist Triathlon. Dieser Sport hat eine etwas längere Geschichte: 1999 fanden die ersten Sprintmeisterschaften statt, das Teilnehmerfeld wuchs immer weiter. Inzwischen finden jedes Jahr Deutsche Meisterschaften statt, und jedes Jahr nehmen mehr als 40 Athleten teil. Über viele Jahre hatte die Deutsche Triathlon Union das Ziel, Triathlon zu den Paralympics zu holen. Nun hat es geklappt.

Beim Paratriathlon gibt es fünf Startklassen: Handbiker/Rollstuhlfahrer (PT1), Menschen mit schwerer (PT2), mittelschwerer (PT3), leichter (PT4) Behinderung sowie Athleten mit Sehbehinderung (PT5). Die Distanzen sind jedoch für alle Klassen gleich. Die Athleten müssen 750 Meter schwimmen, 20 Kilometer Fahrrad, Handbike oder Tandem fahren und fünf Kilometer laufen oder Rollstuhl fahren.

Auch im Triathlon hat das deutsche Team einen großen Favoriten mit an Bord: Martin Schulz. Der 36-Jährige wurde in diesem Jahr bereits Weltmeister und gilt in seiner Klasse PT4 als einer der Anwärter auf die Goldmedaille. Genau wie Edina Müller trat auch Martin Schulz bereits 2012 bei den Paralympics an. In London ging er im Schwimmen mit der Staffel an den Start, holte aber keine Medaille. "Schon seit Jahren nehme ich gelegentlich an Triathlons teil. Seit ich aber erfahren habe, dass die Sportart paralympisch wird, habe ich mein Training ganz auf diesen Wettkampf umgestellt", sagt Schulz.

23 Sportarten sind damit in diesem Jahr bei den Paralympics vertreten. In Tokio 2020 kommen wieder zwei dazu: Taekwondo und Badminton.

Quelle: Tagesspiegel / Paralympics Zeitung / Julian Hilgers (19 Jahre)