Paralympisch leben

David Behre: Kraft tanken vor Rio / BP Blog

David Behre: Kraft tanken vor Rio / BP Blog
02. August 2016

Kraft tanken an der Nordsee

Datum: 01. August 2016

Es war natürlich noch nicht die Copacabana. Trotzdem habe ich die kurze Auszeit sehr genossen. Ich bin für zwei Tage in Oostkapelle gewesen und habe bei unseren niederländischen Nachbarn abgeschaltet. Am Strand entlangehen, aufs Meer schauen, in einer Schaukel sitzen, die Seele baumeln lassen und Kraft tanken – das wollte ich mir vor Rio gönnen. Und natürlich war das mit meinem Trainer Kalle Düe abgesprochen. Als ich im Auto auf der Heimfahrt war, habe ich dann genau gespürt, dass wir alles richtig gemacht haben. Meine Akkus sind voll aufgeladen.

Ab jetzt bin ich endgültig im Tunnel für Rio angekommen. Ab jetzt werde ich mich im Training weiter auf das vorbereiten, um was es im September geht. Die Eindrücke aus den vergangenen Wochen waren so positiv, dass ich mich auch auf die nächsten Trainingswochen sehr freue. Die Basis ist schon da. Nun werden wir die Zeit nutzen, damit ich genau zum richtigen Zeitpunkt die richtige Leistung abrufen kann. Ich will mich gerne quälen, damit mein Traum bei den Paralympics in Erfüllung geht. Das habe ich mir an der Nordsee noch einmal selbst versprochen: Ich will Rio rocken!

Die Idylle auf der Anlage täuscht

Datum: 08. August 2016

Die Idylle auf der Anlage täuscht – trotz herrlicher Sonne und eines grün leuchtenden Rasens. Und wir sind ja auch nicht nach Kienbaum gekommen, um uns auf der Wiese zu sonnen. Das Trainingslager im Leistungszentrum soll uns vielmehr noch einmal einen entscheidenden Schritt voranbringen auf dem Weg zu den Paralympics. Mein Trainer Kalle Düe sorgt deshalb dafür, dass ich an die Grenzen komme und mich so oft überwinden muss. Einmal standen Tempoläufe auf dem Programm. 150, 200, 250 und 350 Meter hatte ich schon hinter mir. Danach war ich echt fertig und ich brauchte wirklich sehr lange, um mich zu erholen. Andere würden jetzt sagen, dass sie ihren Trainer in solchen Phasen der Vorbereitung hassen. Bei mir ist das anders, denn ich brauche das für meine 400 Meter. Sonst wird mein Traum nicht in Erfüllung gehen.

Bis zum Ende der Woche wollen wir hier weiter hart arbeiten. Vielleicht können wir ja den Ausflug nach Berlin nachholen, den wir jetzt absagen mussten – weil wir alle so kaputt waren. Am Freitag machen wir uns dann auf den Rückweg, der uns über Hannover führen wird. Was wir da wollen? Dort gibt es am Samstag die offizielle Einkleidung für die Deutsche Paralympische Mannschaft. Darauf freue ich mich sehr, weil sich das bestimmt ein bisschen wie Brasilien anfühlt. So weit ist die Strecke auf der Road to Rio zum Glück nicht mehr.

Einkleidung für die Paralympics

Datum: 15. August 2016

Manchmal lohnt sich bei der Rückfahrt aus einem Trainingslager der Halt in Niedersachsen. Hinter uns liegt eine Woche in Kienbaum im Osten von Berlin. Und wir haben dort wirklich hart gearbeitet für unsere Träume. Danach hatten wir einen Zwischenstopp in Hannover, wo ebenfalls ein wichtiger Termin auf dem Programm stand. Kleider sollen ja irgendwie Leute machen. Die offizielle Einkleidung der deutschen Athleten für die Paralympics war auf jeden Fall etwas ganz Besonderes, weil es mir gezeigt hat: Jetzt geht es tatsächlich bald los. Ich finde, dass sich das echt schon ein bisschen wie Rio anfühlt.

Viel Zeit, die Sachen auszuprobieren, haben wir hier zu Hause nicht mehr. Es sind nun nur noch knapp vier Wochen, bis in Rio die ersten Wettbewerbe auf dem Programm stehen. Was mich echt freut: Meine Eindrücke aus den vergangenen Trainingseinheiten waren unheimlich positiv. Den Rest bis zur Abreise bekommen wir ebenfalls hin. Dafür werde ich weiter arbeiten – mit Spaß, mit Leidenschaft, mit Ehrgeiz. Es bleibt dabei: Ich will Rio rocken!

Europarekord

Datum: 22. August 2016

Mein großer Traum rückt immer näher. Die meiste Arbeit ist erledigt, wir müssen jetzt nur noch an ein paar Kleinigkeiten feilen. Natürlich wusste ich sowieso schon, dass mein Trainer Kalle Düe und ich in den vergangenen Wochen und Monaten gut gearbeitet haben. Schließlich habe ich so oft meine Grenzen erreicht, dass ich einfach nicht mehr konnte. Manchmal bin ich Abends völlig erledigt ins Bett gefallen. Aber ich fühle mich jetzt richtig gut und ich weiß, dass sich die Schinderei auszahlt. Was noch besser ist: Dass die Eindrücke aus dem Training nicht getäuscht haben, konnte ich jetzt direkt zweimal auf einer Anzeigetafel ablesen – auch ohne „meine“ 400 Meter. Beim „Integrativen Sparkassen-Meeting“ des TuS Hachenburg im Westerwald habe ich mit 11,28 Sekunden über 100 Meter eine persönliche Bestleistung aufgestellt. Und nach dem Rennen über die 200 Meter musste ich fast dreimal hinsehen: 21,79 Sekunden, Europarekord!!

Nach dem Sportfest haben wir uns ein paar Kilometer weiter in Stockum-Püschen zur „ATP-Nacht der Prothesentechnik“ getroffen. Es war klasse, denn auch dort standen wir vor den Paralympics noch einmal im Mittelpunkt. Ich habe bei der Vorstellung aller Sportler auf der großen Bühne genau gespürt, dass uns die Menschen auf dem Weg nach Brasilien unterstützen. Das tut gut! Und ich hoffe, dass ich davon bald etwas zurückgeben kann. In meinem Terminkalender steht, dass wir uns nächste Woche zum Abflug treffen. Dauert es wirklich noch so lange? Eigentlich kann ich es kaum erwarten, dass wir uns auf den Weg machen. Ich will Rio rocken!

Im "Rio-Fieber"

Datum: 29. August 2016

In Gedanken sitze ich fast schon im Flugzeug, das uns am Mittwoch von Frankfurt aus nach Südamerika bringt. Vielleicht ist es das, was man bei einem Sportler den "Tunnel" nennt. Für mich ist es ein Zustand, den ich Rio-Fieber nenne. Das lässt sich natürlich lindern, weil wir bis zur Abreise auch noch ein bisschen zu tun haben. Morgen wollen wir uns zum Beispiel in Leverkusen ein letztes Mal zum Staffeltraining treffen. Markus Rehm, Johannes Floors, Felix Streng und ich haben schließlich über 4x100 Meter gemeinsam einiges vor. Ich bin sicher, dass wir gut vorbereitet sein werden und einen guten Kampf liefern können.

Meine „Road to Rio“ geht allmählich dem Ende entgegen. Als ich vor ein paar Monaten zum ersten Mal davon gesprochen habe, lag es alles noch so weit weg. Inzwischen habe ich hart dafür gearbeitet, dass ich den Traum von einer Medaille bei den Paralympics verwirklichen kann. Dass ich im vergangenen Herbst in Doha Weltmeister über „meine“ 400 Meter geworden bin, hat mich zusätzlich angespornt. Ich bin durch viele harte Trainingseinheiten und auch durch die eine oder andere schwierige Phase gekommen. Dafür bin ich meinem Trainer Kalle Düe sehr dankbar, ohne den ich es nicht geschafft hätte. Jetzt bin ich bereit. Ich will Rio rocken.

Über den Blog:

BP in Deutschland, Nationaler Förderer des Deutschen Behindertensportverbandes e.V. und der Deutschen Paralympischen Mannschaft, begleitet David Behre auf seinem ganz persönlichen Weg nach Rio. Wöchentlich berichtet er in einem Blog vom Training und seinen Vorbereitungen auf die Paralympischen Spiele.

Blogbeiträge und Bilder: BP/David Behre