Paralympisch leben

David Behre: Wir sind da! / BP Blog

David Behre: Wir sind da! / BP Blog
06. September 2016

Wir sind da!

Datum: 05. September 2016

Wir sind da!! Nach einem langen Flug sind wir gut in Rio angekommen. Ich habe mich schon gut akklimatisiert und ein paar ordentliche Trainingseinheiten absolviert. Wenn wir nicht auf dem Platz stehen, genießen wir die Aussicht von unserem Balkon. Schaut es euch einfach selbst an!

Es kribbelt schon im ganzen Körper, ich will, dass es endlich losgeht!

Finale, Europarekord und Sportschau

Datum: 12. September 2016

Endlich starten wir in die entscheidende Woche! Hierauf habe ich in den vergangenen Monaten hingearbeitet. Über „meine“ 400 Meter habe ich schließlich ganz viel vor – am Donnerstag steigt hier das Finale um 16.38 Uhr deutscher Zeit. Vorher wollen wir vier Leverkusener noch die Staffel rocken (heute 22.30 Uhr). Und quasi „nebenbei“ ist da irgendwo auch noch ein Rennen über 200 Meter. Hier habe ich mich mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 21,63 Sekunden für das Finale qualifiziert, das in Deutschland in der Nacht zu morgen (0.21 Uhr) zu sehen sein wird.

Die letzten Tage zu überbrücken, war aber nicht schwierig. Als „Warm-Up“ bin ich über 100 Meter gestartet und mit Platz sieben hier sehr zufrieden. Zwischendurch hatten wir dann auch noch Gelegenheit, mal im Sportschau-Studio der ARD vorbeizugucken. Bis hierhin war Spaß. Jetzt wird es ernst!

Das große Ziel

Datum: 15.09.2016

Der Start in diese Woche war ja schon recht erfolgreich! Mit Gold in der Staffel und Bronze über 200 Meter bin ich sehr zufrieden. Vor allem, weil auch die Zeiten richtig gut waren – beide Male gab es wieder einen Europarekord!

Jetzt steuern wir aber meinem persönlichen Höhepunkt entgegen – „meinen“ 400 Metern. Heute steigt um 16.38 Uhr deutscher Zeit das Finale! Auf diesen Tag habe ich vier Jahre lang hingearbeitet. Ich werde alles raushauen – versprochen!!

Abschied

Datum: 19.09.2016

Jetzt machen wir uns tatsächlich bald wieder auf den Heimweg – und das Ende der Road to Rio ist erreicht. Aber ich fühle mich gerade immer noch so, als wäre ich mitten in einem Traum. Ich werde sicher eine Weile brauchen, um das alles in Ruhe zu verarbeiten. Im Augenblick versuche ich, einfach zu genießen, was ich in Rio erleben durfte. Wenn ich sage, dass es der Höhepunkt meiner bisherigen Karriere war, trifft es das nicht richtig. Es war noch mehr und deshalb bekomme ich immer wieder eine Gänsehaut.

Viele werden sich fragen: David, wie war das mit „deinen“ 400 Metern? Du bist als Weltmeister zu den Paralympics gefahren und du wolltest Gold holen. Aber es ist "nur" Silber geworden. Ganz ehrlich: Natürlich war das im Finale zuerst eine Niederlage gegen den Neuseeländer Liam Malone. Aber mein Trainer Kalle Düe hat es ganz richtig gesagt: Du hast nicht Gold verloren, du hast Silber gewonnen. Außerdem haben wir zusammen mit dem Amerikaner Hunter Woodhall auf der Zielgeraden eine tolle Show gezeigt. Und am Ende war es sooo knapp! Schon im Halbfinale habe ich meine WM-Zeit von Doha 2015 mit 47,75 Sekunden klar unterboten und den Europarekord verbessert. Im irren Finale waren es dann sogar 46,23 Sekunden. Wenn mir diese Zeit vorher einer garantiert hätte, hätte ich sofort unterschrieben.

Ich bin vielen Menschen sehr dankbar, ohne die meine Erfolge nicht möglich gewesen wäre. Ganz besonders muss ich mich bei meinem Trainer bedanken, denn er hat mich genau auf den Punkt in die Form gebracht, die ich in Rio brauchte. Danke, Kalle! Es fing schon mit den 100 Metern so gut an, bei denen ich im Endlauf Platz sieben erreicht habe. Da wusste ich: Hier geht wirklich was. Dann kamen die 200 Meter, bei denen ich meine Erwartungen weit übertroffen habe – zweimal Europarekord, am Ende die Bronzemedaille. Das war für mich ein außergewöhnlicher Wettkampftag – weil ich da sogar schon Paralympics-Sieger war! Mit Markus Rehm, Felix Streng und Johannes Floors zusammen durfte ich die Staffel über 4x100 Meter laufen. Wir waren so schnell wie nie zuvor, denn wir sind nach 40,82 Sekunden durchs Ziel gerast – mit Europarekord und Paralympischem Rekord. Wir waren einfach das beste Team und ich bin stolz darauf, dass ich ein Teil davon sein durfte.

Ich stand nach den Wettkämpfen noch mal auf dem Balkon unseres Hotelzimmers in Rio und hatte meinen kompletten Medaillensatz in der Hand: Gold, Silber, Bronze. Das war ein großartiges Gefühl. Darf man in einem Blog auch geil sagen? Ich habe Rio tatsächlich gerockt. Jetzt muss ich dringend abschalten, denn alle Akkus sind komplett leer. Ich muss erst neue Energie tanken. Dann werden wir den Blick langsam nach vorne richten. Denn eins steht für mich fest: Die Road to Rio ist nun zu Ende, aber tief innendrin spüre ich längst, dass ich auf eine neue Straße einbiegen werde. Nächster Halt: Die WM in London 2017!

Vielen Dank!

Datum: 26.09.2016

Darauf habe ich mich gefreut. Seit einer Woche sind wir jetzt wieder zu Hause. Und ich kann jetzt erst einmal die Dinge tun, die zuletzt ein bisschen zu kurz gekommen sind. Vor den Paralympics gab es nur eins: Rio, Rio, Rio. Dafür haben wir hart gearbeitet und ich bin allen sehr dankbar, die mir dabei geholfen haben. Das gilt natürlich auch für meine Partner, ohne deren Unterstützung meine Erfolge gar nicht möglich gewesen wären. Auch die Dreharbeiten für unser Video in London gehörten dazu. Das hat mich auf der Road to Rio beflügelt. Und die Reaktionen darauf waren auch überwältigend. Vielen Dank dafür!

Gestern war ich mit Freunden Grillen. Es war ein toller Herbsttag mit perfektem Wetter. Zwischendurch gingen meine Gedanken zurück ins Jahr 2012, als ich in London zum ersten Mal bei den Paralympics dabei war. Wenn ich die Zeiten vergleiche, mag ich es kaum glauben. Das zeigt, wie unfassbar sich unsere Leichtathletik entwickelt. Wir haben damals mit der Staffel Bronze geholt – in 45,23 Sekunden. Jetzt sind wir mit 40,82 Sekunden Paralympics-Sieger geworden. Meine weiteren Ergebnisse damals: Fünfter über 400 Meter in 51,65 Sekunden, Siebter über 200 Meter in 23,71 Sekunden, 15. über 100 Meter in 12,27 Sekunden. Und jetzt kommt Rio: Staffelgold in 40,82 Sekunden, Europarekord; Silber über 400 Meter in 46,23 Sekunden, Europarekord; Bronze über 200 Meter in 21,41 Sekunden; Siebter über 100 Meter in 11,26 Sekunden (Vorlauf 11,23 Sekunden, Europarekord).

Das ist eine unglaubliche Entwicklung und die paralympische Leichtathletik befindet sich gerade in einer tollen Phase. Alles wird professioneller. Ich bin sehr froh darüber, dass ich ein Teil davon sein kann. Ich bin glücklich mit dem, was ich erreichen konnte. Die "Road to Rio" ist jetzt zu Ende - aber mein Weg noch lange nicht! Ich werde mir eine Auszeit nehmen, in der ich nicht zweimal täglich in den Kraftraum oder auf die Laufbahn muss. Anschließend gehen die Vorbereitungen wieder los, denn der nächste Halt wird London sein. Dort will ich im Juli 2017 meinen WM-Titel von Doha 2015 verteidigen. Das wird nicht einfach, weil die anderen ja nicht schlafen. Aber ich brenne für Wettkämpfe gegen die Besten und ich liebe London! Ich freue mich schon jetzt drauf!

Vielen Dank und bis dahin euch allen nur das Beste!!
Euer David

Über den Blog:

BP in Deutschland, Nationaler Förderer des Deutschen Behindertensportverbandes e.V. und der Deutschen Paralympischen Mannschaft, begleitet David Behre auf seinem ganz persönlichen Weg nach Rio. Wöchentlich berichtet er in einem Blog vom Training und seinen Vorbereitungen auf die Paralympischen Spiele.

Blogbeiträge und Bilder: BP/David Behre