Paralympisch leben

Johannes Floors und der Traum von Gold

Johannes Floors und der Traum von Gold
Foto: Quelle: picture alliance
06. Juni 2016

Vom 10. bis zum 16. Juni ist in Grosetto die Leichtathletik-Europameisterschaft. Für viele deutsche Athleten ist die EM in Italien eine gute Standortbestimmung im Paralympics-Jahr, für zwei Teamkollegen dürfte es dort sogar ein direktes Duell um die Goldmedaille geben: David Behre und Johannes Floors.

Im letzten Jahr hat Floors Behre den Europarekord mit 49,71 Sekunden über 400 Meter weggeschnappt und ihn erstmals besiegt, bei der Weltmeisterschaft ihn Doha holte sich Behre, der bekannteste deutsche „Blade Runner“, die kontinentale Bestzeit zurück. „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass der Rekord kein Ziel ist. Man will immer der Schnellste sein“, sagt Floors selbstbewusst.

Seine jüngsten Zeiten sind vielversprechend: Nach einem Trainingslager im türkischen Belek hakte er die 400-Meter-Norm gleich zum Saisoneinstieg in Barcelona mit 49,47 Sekunden ab. Über 200 Meter legte er eine weitere Paralympics-Norm mit 21,99 Sekunden nach – und das bei strömendem Regen. „Das war überraschend, aber richtig gut. Ich wusste dass ich das laufen kann, aber nicht unter solchen Bedingungen. Mit Prothesen ist das noch mal unsicherer, wenn die Bahn nass ist“, sagt der 21-Jährige

Obwohl die Nominierung noch nicht offiziell raus ist, geht er fest davon aus, dass er dabei ist. Schließlich trainiert er zusammen mit Behre, Markus Rehm und Felix Streng auch wöchentlich einmal mit der 4x100-Meter-Staffel, die in Doha Weltmeister wurde und in Rio ebenfalls ambitioniert ist.
In Brasilien wir der Braunschweiger im Medaillen laufen

Floors Fokus liegt dennoch auf seiner Paradedisziplin über die Stadionrunde, auf der er in Doha Dritter wurde. Neben Weltmeister Behre und dem Neuseeländer Liam Malone werden vor allem zwei US-Amerikaner die härtesten Konkurrenten sein: Der erst 17-jährige Hunter Woodhall und Blake Leeper, der in London Silber holte, bis 21. Juni aber noch wegen eines Dopingvergehens gesperrt sein wird. Sie alle wollen Oscar Pistorius beerben. „Gold wird in einer 46er-Zeit weggehen, denke ich. Aber wer die laufen wird, kann ich nicht sagen“, vermutet Floors, der nebenbei noch eine Ausbildung zum Orthopädietechnik-Mechaniker macht und nach der EM erst mal Klausuren schreiben muss.

Nach den Prüfungen ist dann am 8. Juli das Integrative Sportfest in Leverkusen, gleichzeitig die Generalprobe für Rio, anschließend geht es im August noch ins Trainingslager nach Kienbaum, bevor es in Brasilien ernst wird

Dann wird der Braunschweiger um Medaillen laufen – zweieinhalb Jahre, nachdem er überhaupt zum ersten Mal mit Sprintprothesen auf der Bahn stand und „hüpfte, wie ein Känguru“, wie er dem Tagesspiegel damals verriet. Denn nur durch das Sportabitur kam er dazu, überhaupt zu laufen. Nach dem Wechsel nach Leverkusen begann er, bei Sara Grädtke professionell zu trainieren. Was folgte, sind außer den bereits genannten Erfolgen auch drei Goldmedaillen bei der Junioren-WM 2015. Rio könnte für den Juniorsportler des Jahres 2015 nun zum nächsten Highlight einer steilen Karriere werden.

Text: Der Tagesspiegel