Lange hat sie auf diesen Moment gewartet. Ein Jahr musste Simone Briese-Baetke aus gesundheitlichen Gründen pausieren. Eine Zwangspause, die der deutschen Ausnahmeathletin im Rollstuhlfechten schwer gefallen ist. Ernsthafte Zweifel an ihrem Comeback habe sie keine gehabt, „doch natürlich wird man in so einer Phase von gemischten Gefühlen begleitet“, sagt die 50-jährige gebürtige Wittstockerin (Brandenburg).
Doch vor wenigen Wochen wichen die gemischten Gefühle einem „unglaublichen Glücksgefühl“. Simone Briese-Baetke kehrte zurück in den Weltcupzirkus – und zwar mit einem Paukenschlag. Gold mit ihrer Hauptwaffe, dem Degen, hinzu kam Bronze im Florettwettbewerb. „Ich wollte mich präsentieren und zeigen, dass mit mir zu rechnen ist, dass ich wieder da bin“, sagt die querschnittsgelähmte Rollstuhlfechterin. Das gelang eindrucksvoll. Eine fulminante Rückkehr, die ihr große Motivation gibt, auch für die anstehenden Europameisterschaften in Turin vom 17. bis 20. Mai. „Ich verspüre wieder richtige Angriffslust“, betont Briese-Baetke – es klingt wie eine Kampfansage an die Konkurrenz.
Bei der EM in Italien möchte die 50-Jährige den hervorragenden Eindruck von ihrem Comeback bestätigen. Dabei geht es nicht nur um den Titel, sondern auch um die Qualifikation für die Paralympics in Rio. Als Europameisterin wäre Briese-Baetke direkt für die Spiele am Zuckerhut qualifiziert. Doch so weit mag die ehrgeizige Athletin noch gar nicht denken. „Natürlich sind die Paralympics das große Ziel. Ich will aber so auftreten wie immer: einfach mein Bestes geben“, betont die Rollstuhlfechterin und schiebt ihr Motto nach: „Kämpfen vom ersten bis zum letzten Treffer.“
Um sich optimal vorbereiten zu können, ist sie zu ihren sportlichen Wurzeln zurückgekehrt. Nach Rostock, wo sie 2007 mit dem Fechten begonnen hatte. „Ich fühle mich sehr wohl und habe beste Voraussetzungen – der Olympiastützpunkt, eine Rollstuhltrainingsgruppe und für jede Waffengattung einen eigenen Trainer“, berichtet die Silbermedaillengewinnerin der Paralympics in London 2012, die 2014 Europameisterin wurde und sogar den Gesamtweltcup mit dem Degen gewonnen hatte. Dann folgte die lange Zwangspause. „Körperlich habe ich versucht, mich so gut es ging fit zu halten. Den Degen habe ich allerdings nur ab und an mal in die Hand genommen“, sagt Briese-Baetke. Mit dem spezifischen Fechttraining legte sie erst im Frühjahr wieder intensiv los. „Es hat richtig gekribbelt. Ich habe schnell gemerkt: Die Technik verlernt man nicht.“
Das zeigte sie beim Weltcup – und das will sie auch bei den Europameisterschaften wieder beweisen. Neben Simone Briese-Baetke (TSG Reutlingen) zählen zum Aufgebot für die EM in Turin auch die amtierende Weltmeisterin in der C-Kategorie (nicht paralympisch), Ulrike Lotz-Lange (52 / HFC Lübeck), Sylvi Tauber (36 / TuS Maccabi Rostock), Balwinder Cheema (37 / TuS Maccabi Rostock) und Youngster Maurice Schmidt (16 / SV Böblingen). Für den talentierten Nachwuchs-Schützling ist es nach der WM 2015 die zweite Teilnahme an einem internationalen Wettkampf bei den „Großen“.