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Goalball-WM: Gutes Gefühl nach sanftem Umbruch

Später als geplant sind Deutschlands Goalballer zu den Weltmeisterschaften aufgebrochen. Eigentlich sollte das Turnier im Juni in China ausgetragen werden, stattdessen findet die WM nun vom 8. bis 16. Dezember im portugiesischen Matosinhos statt. Das deutsche Team hat den sanften Umbruch nach den enttäuschenden Paralympics in Tokio gut gemeistert und sich zunächst den Einzug ins Viertelfinale als erstes Ziel gesetzt. Zusätzlichen Reiz bekommt die WM dadurch, dass den beiden Endspiel-Teilnehmern Tickets für die Paralympischen Spiele 2024 in Paris winken.
Goalball-WM: Gutes Gefühl nach sanftem Umbruch
Oliver Hörauf und Michael Dennis Foto: © Joachim Sielski / DBS
06. Dezember 2022

Bei den Spielen in Tokio im September 2021 erlebten die deutschen Goalballer ein bitteres Vorrunden-Aus. Als Gruppenletzter platzte der Traum von der Paralympics-Medaille viel zu früh – punktgleich mit dem Gruppenersten aufgrund einer ziemlich verrückten Tabellenkonstellation. Das ist inzwischen abgehakt, die Enttäuschung verarbeitet und der Blick geht längst wieder nach vorne. Schließlich sind es keine zwei Jahre mehr bis zu den nächsten Paralympischen Spielen. Mit Stefan Hawranke, Felix Rogge und Reno Tiede, der das Team nun als Co-Trainer begleitet, gehören drei langjährige Spieler nicht mehr zur Nationalmannschaft. „Dafür haben wir jüngere Leute hinzugeholt und einen sanften Umbruch eingeleitet, der uns besonders in der zweiten Jahreshälfte gut gelungen ist“, sagt Bundestrainer Stefan Weil.

Die erste Jahreshälfte verlief hingegen überhaupt nicht nach Plan – und das lag nicht nur an der verschobenen WM. „Wir hatten unheimlich viele Ausfälle und Verletzungen, so dass wir kaum einen Lehrgang in voller Besetzung hatten“, berichtet Weil, der mit dem weiteren Verlauf der Vorbereitung hingegen sehr zufrieden ist. „Nach holprigem Start haben wir aus einer Gruppe wieder ein Team gemacht und sind richtig zufrieden mit der Entwicklung der Jungs und als Mannschaft“, betont Weil. Der Bundestrainer setzt neben einem erfahrenen Quartett auf zwei Neulinge. Zum sechsköpfigen Aufgebot zählen zusätzlich zu den Paralympics-Teilnehmern Michael Dennis, Fabian Diehm, Oliver Hörauf und Thomas Steiger auch Philipp Tauscher und Nils Emig. Mit Diehm, Tauscher und Emig feiern drei Spieler ihre WM-Premiere, wobei nur Emig sein internationales Debüt erlebt bei einem großen Turnier. Tauscher gehörte bereits zu dem Team, das bei den Europameisterschaften im November 2021 nach der Paralympics-Enttäuschung einen guten vierten Platz errang.

„Wir haben richtig Qualität und auch Variabilität in der Mannschaft. Vier von den Jungs sind noch immer nicht alt, aber dafür schon sehr erfahren und gereift. Dazu haben wir mit Philipp Tauscher einen sehr defensivstarken Spieler in unsere Reihen und mit Nils Emig den Torschützenkönig der Goalball-Bundesliga“, erklärt Stefan Weil und fügt an: „Dazu sorgt Reno Tiede von außen als Co-Trainer für die Emotionen und die Power.“ Beim hochkarätig besetzten Berlin-Cup im Oktober hat das deutsche Team trotz einiger Verletzungsprobleme bereits Ausrufezeichen gesetzt und teils auf sehr hohem Niveau gespielt. „Da haben wir Selbstvertrauen getankt und bestätigt, dass wir zu den besten Goalball-Mannschaften der Welt gehören können, wenn wir unser Potenzial abrufen und die Tagesform stimmt.“

Bei der WM in Portugal will das Team zunächst den Marathon in der Gruppenphase mit sieben Spielen überstehen und ins Viertelfinale einziehen. „Das ist unser Ziel. Wenn wir das schaffen, erwarten uns weitere enge Duelle auf Augenhöhe und wir schauen von Spiel zu Spiel“, sagt Weil. Los geht es für die deutsche Mannschaft am kommenden Donnerstag, 8. Dezember, gegen die Türkei (12.20 Uhr MEZ) – direkt ein harter Brocken, zumal die Türkei vor einigen Wochen bei der Generalprobe in Berlin gewonnen hat. Die weiteren Gruppengegner sind Paralympics-Sieger Brasilien, die vermutlich starken Japaner, Dauerrivale Belgien, Gastgeber Portugal sowie Kanada und Afrikameister Algerien. Um ins Viertelfinale einzuziehen, muss ein Platz unter den besten vier Teams her. Ab dann ist der Kampf um Medaillen und die ersten beiden Paralympics-Tickets für Paris 2024 eröffnet. Weitere Chancen zur Paralympics-Qualifikation bieten sich im August 2023 bei einem Turnier in Birmingham (England) sowie bei der noch nicht terminierten Europameisterschaft. Doch erstmal liegt der volle Fokus auf den Weltmeisterschaften. Bundestrainer Stefan Weil: „Wir freuen uns auf das Turnier, wissen, was wir können und brauchen uns nicht zu verstecken. Und dann schauen wir mal, wie weit wir in Portugal kommen.“

Weitere Informationen rund um das Turnier gibt es auf der Webseite des internationalen Verbandes. Zudem bietet die IBSA auch einen Livestream an.

Text: Kevin Müller / DBS


Der deutsche Kader für die WM:

Michael Dennis (30 / Düren / Füchse Berlin), Fabian Diehm (25 / Ansbach / BVSV Nürnberg), Nils Emig (24 / Hünfeld / SSG Blista Marburg), Oliver Hörauf (26 / Bautzen / Chemnitzer BC), Thomas Steiger (26 / Ellwangen / BVSV Nürnberg), Philipp Tauscher (22 / Leipzig / SSV Königs Wusterhausen).