Drei Medaillen binnen 30 Minuten: Der Freitagabend im Tokioter Olympiastadion gehörte den deutschen Sprinterinnen und Sprintern. Johannes Floors gewann über 400 Meter Gold, Irmgard Bensusan über 100 Meter Silber und Ali Lacin über 200 Meter Bronze. Debütantin Lise Petersen warf den Speer auf einen guten siebten Platz.
Drei Medaillen binnen 30 Minuten: Der Freitagabend im Tokioter Olympiastadion gehörte den deutschen Sprinterinnen und Sprintern. Johannes Floors gewann über 400 Meter Gold, Irmgard Bensusan über 100 Meter Silber und Ali Lacin über 200 Meter Bronze. Debütantin Lise Petersen warf den Speer auf einen guten siebten Platz.
Irmgard Bensusan hatte im Ziel gewartet, als ihr Leverkusener Trainingskollege Johannes Floors sein 400-Meter-Finale lief. Als er dann als Sieger über die Ziellinie rannte und die Arme jubelnd in die Luft streckte, sprang Bensusan, die Silber gewonnen hatte, ihm entgegen. Es krachte, Bensusans Vanilleeis, das sie direkt nach ihrem Lauf bekommen hatte, flog durch die Luft. Es war egal, freudetrunken umarmten sich beide und hatten immer noch ein Lachen im Gesicht, als sich auch Ali Lacin einige Minuten später mit Bronze zu ihnen gesellte. Drei Medaillen binnen 30 Minuten - das hatte es aus deutscher Sicht noch nicht gegeben bei diesen Spielen.
Johannes Floors hat sein Ziel erreicht: Der Doppel-Weltmeister von Dubai 2019 und Weltrekordhalter über 100, 200 und 400 Meter hat nach Staffel-Gold 2016 seinen ersten Einzel-Paralympicssieg errungen. Die 400 Meter der Klasse T62 sprintete er in 45,85 Sekunden und ließ der Konkurrenz wie erwartet von Beginn an keine Chance: „Ich könnte heulen, ich könnte es rausschreien. Es ist einfach ein geiler Moment“, sagte Floors: „Eine Zehntel am Weltrekord vorbei. Ich habe noch Potenzial, das ist geil. Vor dem Rennen habe ich mir in die Hosen geschissen. Mir ist jeder Gedanke mindestens zweimal durch den Kopf gegangen. 'Fastest man on no legs' klingt geil, den Titel neheme ich. Es ist meine Ära.“
Nur die einstige Weltrekord-Zeit von Oscar Pistorius, die Floors weiterhin im Auge hat, konnte der 26-Jährige im Regen von Tokio nicht erreichen: „Oscars Zeit, die schwirrt mir im Kopf rum. Die will ich schlagen. Aber ich will auch in Paris schnell laufen.“
Irmgard Bensusan war nach ihrer „Niederlage“, wie sie die Silbermedaille über 200 Meter nannte, nicht allzu zuversichtlich für die 100 Meter. „Ich hatte mir gar nicht zugetraut, ins Finale zu kommen, weil die Mädels alle so stark sind“, hatte die 30-jährige Doppel-Weltmeisterin vom TSV Bayer 04 Leverkusen vorher gesagt - und dann im Endlauf aber erneut abgeliefert: In 12,89 Sekunden schnappte sie sich nach ihrem Triple über 100, 200 und 400 Meter in Rio die insgesamt fünfte silberne Medaille. „200 m war schade, da war ich traurig. Aber mit Silber über 100 m bin ich happy. Heute habe ich kein schlechtes Gefühl. Es ist jedes Mal eine gewonnene Silbermedaille. Ich kann wirklich stolz sein“, sagte Bensusan, die „Tante Irmie“ genannt wird und sich selbst zur „Silber-Tante“ kürte.
Ali Lacin hatte lange auf seinen Haupt-Wettkampf gewartet, im Weitsprung aber schon gezeigt, dass er gut drauf ist: 6,70 Meter bedeuteten Bestleistung und Platz fünf. Über die 200 Meter hatte der südafrikanische Überflieger Ntando Mahlango Gold quasi schon reserviert, doch dahinter war auch für den 33-Jährigen, der beim SSC und PSC Berlin trainiert, alles möglich. Der beidseitig oberschenkelamputierte Sprinter sprintete die 200 Meter in 24,64 Sekunden und belohnte sich mit Bronze hinter Altmeister Richard Whitehead aus Großbritannien: „Ich bin zufrieden, ich bin glücklich, ich bin happy - alles zusammen. Mit einer Medaille nach Hause fliegen, ein schöneres Gefühl gibt es nicht.“
Lise Petersen hat mit 16 Jahren ihr Paralympics-Debüt im Speerwurf der Klasse F46 gefeiert und den angestrebten Endkampf der besten Acht erreicht. 32,46 Meter bedeuteten am Ende Platz sieben für die Athletin vom TSV Bayer 04 Leverkusen: „Irgendwie ist gerade so ein Moment, in dem alles von einem abfällt. Aber ich habe es sehr genossen, hier stehen zu dürfen. Im Moment bin ich extrem zufrieden und stolz darauf, dass ich ins Finale gekommen bin - auch wenn die Weite nicht so ist, wie ich sie mir gewünscht hätte.“
Das deutsche Para Leichtathletik-Team hat bislang drei Gold-, vier Silber- und sechs Bronzemedaillen gewonnen. Am Samstag, dem letzten Wettkampftag der Para Leichtathletik, startet Felix Streng über 200 Meter sowie Lindy Ave als Vorlaufschnellste im Finale über 400 Meter. Zudem wird auch Kugelstoßer Daniel Scheil alles daran setzen, seinen Paralympicssieg von 2016 zu wiederholen, wenngleich dies aufgrund einer Verletzung in den vergangenen Wochen ein schwieriges Unterfangen werden dürfte.