Gut im Fluss: Die deutsche Handbikerin Annika Zeyen-Giles (H3) fährt im Straßenrennen der Paralympics 2024 in Clichy-sous-Bois nach 28,2 Kilometern als Dritte ins Ziel. Nach Bronze im Zeitfahren feiert sie diesmal auf regennassem Untergrund die nächste Medaille. Aufgrund des Regens gab es einige kurzfristige Änderungen.
Mit dem Strom schwimmen, so lautete die wohl beste Taktik für das Straßenrennen der Handbikerinnen (H1-4) bei den Paralympics 2024. Der Wettbewerb musste wegen der widrigen Bedingungen um eine Stunde verschoben und auf 28,2 Kilometer verkürzt werden. Bereits vor dem Start am Donnerstagmorgen um 10.30 Uhr war Annika Zeyen-Giles (39) klar, dass sie eine besondere Aufgabe erwarten würde – nicht nur wegen des schlechten Wetters, sondern auch aufgrund der Regularien: „Die H4-Athletinnen haben hier einen Vorteil, weil es keine Faktorisierung der Zeit gibt. Insofern ist es ein anderes Rennen als das Einzelzeitfahren. Auch die Taktik spielt eine größere Rolle. Es kann alles passieren“, sagte die 39-Jährige, die in Tokio 2021 im Straßenrennen Zweite wurde. Im Zeitfahren am Vortag, als Zeyen-Giles die Bronzemedaille gewann, gab es aufgrund der Zusammenlegung der Startklassen H1-4 eine Faktorisierung der Zeit, um faire Wettkämpfe zwischen Athlet*innen mit unterschiedlichen Behinderungsgraden zu ermöglichen. Im Straßenrennen am Donnerstag starteten die Klassen H1-H4 gemeinsam, doch für die Athletin der SSF Bonn war all das kein Hindernis.
„Es war ein Rennen unter sehr schwierigen Bedingungen und ich bin heilfroh, dass ich da gesund herausgekommen bin“, sagte Zeyen-Giles. „Unser Team hat alles getan, damit ich warm bleibe. Ich hatte eine wärmende Folie auf den Beinen und zum ersten Mal in einem Rennen eine Regenjacke an. Ich freue mich wirklich sehr über Bronze, Silber war nicht erst im Schlussspurt weg, sondern am Berg zuvor. Da hatte ich aus Vorsicht etwas Tempo herausgenommen."
Parker rast allen davon
Ganz vorne war die Entscheidung früh abzusehen: Die Australierin Lauren Parker, Paralympics-Siegerin im Triathlon, fuhr ein einsames Rennen vorneweg. Nach der Hälfte des Rennens hatte sie bereits anderthalb Minuten zwischen sich und der Konkurrenz gebracht. Zeyen-Giles lag zu diesem Zeitpunkt mit rund zwei Minuten Rückstand auf Parker auf Rang drei. Die Deutsche positionierte sich von Beginn an in der Verfolgergruppe und lag auf Medaillenkurs. Die Henneferin fuhr trotz Pfützenbildung auf der Straße kraftvoll und nahm die steilen Abstiege mit so hohem Tempo, wie eben möglich. Parker (H3) gewann in 52:04 Minuten. Im Zielsprint um Edelmetall musste Zeyen-Giles lediglich der Niederländerin Jennette Jansen (56:15 Minuten) den Vortritt lassen und erkämpfte sich hauchdünn dahinter die Bronzemedaille.
Mit zwei Medaillen enden für Zeyen-Giles die Paralympics. Der große Fanclub aus der Heimat, der für sie angereist war und sich auch im Dauerregen an der Strecke platziert hatte, war ein Teil des Erfolgs: „So einen Rückhalt hier zu haben ist einfach schön. Mein Mann ist hier, meine Eltern und Schwiegereltern, Freunde und viele mehr. Das ist schön, gerade nach den Spielen in Tokio, wo keiner vor Ort sein konnte“, sagte Zeyen-Giles.