Kurz vor den Para Radsport-Weltmeisterschaften auf der Bahn im brasilianischen Rio de Janeiro (16. bis 19. Oktober) stehen die Vorzeichen für das deutsche Team gut: Mit vier Athlet*innen ist das Team zwar nur halb so groß wie bei der Bahn-WM im Vorjahr, doch Bundestrainer Gregor Lang traut allen Schützlingen viel zu. „Ich erwarte, dass wir mit WM-Medaillen nach Hause kommen“, sagt Lang. Auch Neuerungen im Wettkampfplan spielen den Deutschen in die Karten.
In der beeindruckenden Kulisse des Olympiavelodroms, das 2016 für die Olympischen und Paralympischen Spiele genutzt wurde und bereits 2024 WM-Wettkampfstätte war, werden die besten Para Radsportler*innen der Welt erwartet. Im deutschen Team ist kein WM-Debütant vertreten: Mit Maike Hausberger (C2), Fabian Döring (C4), Jakob Klinge (C5) und Manuel Korber (C3) sind vier gestandene Athlet*innen nominiert. Wenige Tage vor dem Abflug wurde bei einem Vorbereitungslehrgang in Frankfurt (Oder) noch am Feinschliff gearbeitet. „Die WM ist quantitativ nicht so umfangreich besetzt wie im Vorjahr, da viele europäische Teams aufgrund der hohen Kosten die Reise nach Brasilien nicht auf sich nehmen. Starke Mannschaften wie Großbritannien werden zwar wie immer eine große Herausforderung für uns sein, aber ich traue uns zu, dass wir in allen Rennen ganz vorne mitfahren.“
Der Sprint-Wettbewerb über drei Runden ist neu. Im Zeitfahren gibt es nur noch die 1000-Meter-Distanz. Nicht mehr im Wettkampfprogramm ist die Einerverfolgung über 4000 Meter. „Für mich ist der Wegfall der 4000 Meter eher schlecht, weil das meine stärkste Disziplin war“, berichtet Jakob Klinge, der sich im Scratch und über die 1000 Meter dennoch Chancen ausrechnet: „Ich kann in die Top Fünf fahren, wenn alles gut läuft. Die direkte Vorbereitung auf die Bahn war zwar überschaubar, weil der Fokus auf der Straßen-WM in Belgien lag, aber ich freue mich extrem auf Rio. Die Sicherheit, dass ich die Kaderplatzierung bereits erfüllt habe, gibt mir gleichzeitig Ruhe und Motivation. Ich will jetzt zum Abschluss der Saison noch mal alles abrufen.“
Maike Hausberger (30), die bei den Paralympics 2024 in Paris auf der Bahn die Bronze-Medaille über die 500 Meter gewonnen hat, will erneut angreifen. Die Form scheint zu stimmen: Bei der diesjährigen Straßen-WM holte die gebürtige Triererin Silber und Bronze. Hausberger zeigt sich gewohnt motiviert – und hat sich neue Ziele gesetzt. „Das post-paralympische Jahr ist schon ein Besonderes, aber die Leidenschaft für den Sport besteht immer. Es ist definitiv mein Ziel, eine WM-Medaille zu holen. Das sollte unter den gegebenen Umständen und in meiner aktuellen Form auch drin sein.“ Fabian Döring hatte bei der WM 2024 für eine kleine Überraschung im damals neuen Ausscheidungsrennen gesorgt: Als Vierter verpasste er das Podium nur hauchdünn. Diesmal soll es für eine Medaille reichen. Dörings Rezept dafür ist der „Fokus auf Präzision, Schnelligkeit und mentale Stärke“.
Im vergangenen Jahr waren möglichst viele Punkte für die Paralympics das WM-Ziel. Drei Medaillen sprangen am Ende heraus. Doch weder Pierre Senska (zwei Medaillen) noch das Tandem Thomas Ulbricht/Robert Förstemann (eine Medaille) nehmen in diesem Jahr an der Bahn-WM teil. Ulbricht und Förstemann haben sich nach der erfolgreichen gemeinsamen Zeit – unter anderem gewannen sie Paralympics-Bronze über die 1000 Meter – dazu entschieden, nicht mehr zusammen zu fahren.
Diesmal geht es darum, die eigenen Abläufe zu perfektionieren und zu sehen, wo die deutschen Athlet*innen im internationalen Vergleich stehen. Die Paralympics 2028 in Los Angeles sind zwar noch Zukunftsmusik, dennoch ist diese Bahn-WM für den Bundestrainer ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin. „Wir haben nur noch drei internationale Bahn-Wettkämpfe bis zu den Paralympics in den USA. Die WM bietet uns die Gelegenheit, um an technischen und taktischen Aspekten zu feilen und unter Wettkampfbedingungen zu fahren. Das kann man im Training nicht simulieren“, betont Lang. „Darum ist es so wichtig, dass wir hinfahren und jedes Rennen nutzen, um uns zu verbessern.“
Weitere Informationen und Ergebnisse gibt es auf der Veranstaltungsseite des Weltverbandes.
Text: Jessica Balleer / DBS
Das deutsche Aufgebot für die Para Radsport-WM auf der Bahn in Rio:
Maike Hausberger (30 / Trier / Post SV Trier / C2), Fabian Döring (39 / Freiburg i. Br. / RV Concordia Reute / C4), Jakob Klinge (29 / Erlangen / RC Herpersdorf / C5), Manuel Korber (36 / Mallersdorf / BSV München / C3)