Zwei Goldmedaillen am ersten Tag der Para Radsport-WM im kanadischen Baie-Comeau: Nach Dreiradfahrerin Angelika Dreock-Käser hat auch Handbikerin Annika Zeyen die Goldmedaille im Zeitfahren gewonnen. Das deutsche Team beendet Tag eins bei den Weltmeisterschaften in Kanada mit stattlichen vier Medaillen, da Maximilian Jäger Silber holte und Jana Majunke auf den Bronzerang fuhr.
Wieder einmal in dieser Saison durfte Annika Zeyen im Ziel die Arme hochreißen und jubeln, denn die Handbikerin hat sich bei der WM in Baie-Comeau die Goldmedaille im Einzelzeitfahren gesichert. In 36:00,88 Minuten absolvierte sie die 18,9 Kilometer lange Strecke. Die Bonnerin war als eine der Favoritinnen gestartet, nachdem sie bereits Doppel-Europameisterin und Gesamtweltcupsiegerin geworden war. Zeyen bewies erneut, dass sie ihre Topform in wichtigen Momenten abrufen kann. Bei der WM 2021 im portugiesischen Cascais wurde sie Weltmeisterin im Straßenrennen und hatte im Zeitfahren Silber gewonnen. „Das ist mein erster WM-Titel im Zeitfahren, es fühlt sich großartig an“, sagte Zeyen, nachdem sie die Goldmedaille bei der Siegerehrung überreicht bekommen hatte. „Das Rennen war wahnsinnig hart, vor allem der Berg in der zweiten Runde hat mir alles abverlangt. Am Ende war es der pure Kampf. Ich habe alles gegeben.“ Am Samstagnachmittag deutscher Zeit wird sich zeigen, ob Zeyen das Triple im Straßenrennen perfekt machen und sich nach 2019 und 2021 auch den dritten Weltmeistertitel in Folge sichern kann.
Für Vico Merklein lief es in der H3-Klasse nicht wie erhofft. Der siebte Rang steht am Ende eines für ihn durchwachsenen Zeitfahr-Wettkampfs: „Ich konnte leider nicht meine Bestleistung abrufen, die Tagesform hat einfach nicht gepasst“, lautete das Fazit des 45-jährigen Berliners, der seit einigen Jahren im südhessischen Babenhausen lebt. Reichlich Pech kam für den Handbiker noch hinzu, denn in der zweiten Runde verhinderte ein technisches Problem mit der Kette eine bessere Platzierung. Dennoch hat Merklein allen Grund, optimistisch für das Straßenrennen zu sein. Trotz ungünstiger Tagesform lag der erfahrene Handbiker immer noch in Schlagdistanz zu den aktuellen Topfahrern. „Straßenrennen lagen mir immer schon besser als das Zeitfahren, das stimmt mich positiv.“ Als erster Handbiker aus dem deutschen Team startete Manuel Scheichl. In der H2-Klasse belegte der 40-Jährige aus Rottenmünster den sechsten Rang bei seinem Debüt.
Am Morgen des ersten Tages hatten die Dreiradfahrer*innen der T2-Klasse mit sehr guten Ergebnissen vorgelegt. Angelika Dreock-Käser jubelte im Zeitfahren über WM-Gold und das begehrte Regenbogentrikot. Die Athletin vom BPRSV Cottbus siegte nach 18,9 Kilometern und 39:26,92 Minuten souverän mit rund einer Minute Vorsprung vor der Zweitplatzierten. Damit hat sie ihren Titel aus dem Vorjahr erfolgreich verteidigt und ihre Gala-Form beim Doppelsieg zum Weltcup-Finale vor knapp einer Woche bestätigt. „Das Rennen ist perfekt für mich gelaufen. Ich hatte die Konkurrentinnen immer im Blick und wusste, dass ich sehr gut im Rennen liege“, sagte die 55-Jährige. „Die Strecke ist kurvig und schnell, das kommt mir gelegen. Ich bin überglücklich und freue mich schon auf das Straßenrennen.“
Zudem gewann der erst 22 Jahre alte Maximilian Jäger die Silbermedaille. „Ich bin mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. In die beiden Runden habe ich alles reingelegt, was möglich war. Tim Celen war heute nicht zu schlagen“, sagte Jäger, der 46 Sekunden hinter dem Belgier blieb. Doch WM-Silber zeigt vor allem, welche Entwicklung der Athlet vom BPRSV Cottbus in kürzester Zeit gemacht hat. Bei der WM 2021 in Portugal hatte er im Zeitfahren und im Straßenrennen noch zwei sechste Plätze belegt. Vor wenigen Monaten dann wurde er Europameister im Zeitfahren und Vize-Europameister im Straßenrennen. Außerdem holte Jana Majunke Bronze und komplettierte damit den Medaillensatz zum Start, Benno Schmidt fuhr bei seiner WM-Premiere auf Rang fünf.
Das deutsche Para Radsport-Team hat somit gleich am ersten Tag der WM vier Medaillen gewonnen. „Die Leistungen waren sehr überzeugend. Angelika und Annika haben sich die Goldmedaillen hart erarbeitet, darum freue ich mich ganz besonders, dass sie hier ihre Bestleistungen abrufen konnten. Ich bin stolz auf Jana und Maximilian und insgesamt sehr glücklich über den Auftakt“, sagt Reneé Schmidt, kommissarischer Bundestrainer des deutschen Para Radsport-Teams.
Am Freitag geht es mit dem Zeitfahren der Zweiradfahrer*innen weiter. Routinier Michael Teuber (C1) vom BSV München geht mit guten Chancen in sein Rennen. Auch seinem Vereinskollegen Steffen Warias (C3), der bereits den Gesamtweltcupsieg in dieser Saison feiern konnte, ist viel zuzutrauen. Noch vor Warias geht der Regensburger Matthias Schindler in der C3-Konkurrenz auf die Strecke. Bei den Frauen gehören Maike Hausberger (C2) und Kerstin Brachtendorf (C5) jeweils zu den Medaillenkandidatinnen ihrer Klassen. Am deutschen Abend dann steigen Thomas Schäfer (C4) und Nachwuchs-Athlet Jakob Klinge (C5) auf die Räder. Der Erlanger Klinge erlebt in Baie-Comeau sein WM-Debüt.
Mit einer Eröffnungszeremonie hatte die WM 2022 in Baie-Comeau am Donnerstagmorgen begonnen. Die Weltelite des Para Radsports hat sich im kanadischen Küstenort Baie-Comeau versammelt. Rund 400 Teilnehmende aus aller Welt kämpfen bis zum 14. August um Titel und die begehrten Regenbogentrikots. Das deutsche Team ist mit 14 Athletinnen und Athleten, darunter drei Handbiker*innen, vier Dreiradfahrer*innen und sieben Zweiradfahrer*innen vertreten. Per Livestream können Interessierte die WM-Rennen mitverfolgen.
Quelle: Jessica Balleer
Das deutsche Team für die Para Radsport-WM:
Angelika Dreock-Käser (55 / BPRSV Cottbus / Bremervörde), Annika Zeyen (37 / SSF Bonn / Bonn), Benno Schmidt (57 / TSV Bayer Leverkusen / Gießen), Jakob Klinge (25 / RC Herpersdorf / Erlangen), Jana Majunke (31 / BPRSV Cottbus / Cottbus), Kerstin Brachtendorf (50 / BPRSV Cottbus / Mendig), Maike Hausberger (27 / BPRSV Cottbus / Trier), Manuel Scheichl (40 / BSV München / Rottenmünster), Matthias Schindler (40 / RV Union Nürnberg / Regensburg), Maximilian Jäger (22 / BPRSV Cottbus / Bad Kissingen), Michael Teuber (54 / BSV München / Tegernsee), Steffen Warias (37 / BSV München / Tübingen), Thomas Schäfer (41 / Nordharzer RSG Bad Harzburg / Wernigerode), Vico Merklein (44 / GC Nendorf / Berlin)