EM

Rollstuhlrugby: Großbritannien wieder Europameister

Großbritannien hat bei der Rollstuhlrugby-Europameisterschaft in Koblenz seinen Titel erfolgreich verteidigt. In einer Neulauflage des Finales von 2015 gewannen die Briten mit 49:41 gegen Schweden. Bronze holte sich die Auswahl Frankreich, die Dänemark mit 53:48 bezwang. Das deutsche Team landete in den Platzierungsspielen nach einem Sieg über Irland und einer Niederlage gegen Polen auf dem sechsten Rang.

Autor: Wilhelm Seibert
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 03. Juli 2017

Das Finale begann furios, die favorisierten Briten lagen schnell mit 2:0 vorn, mussten dann aber den Ausgleich hinnehmen. Anschließend entwickelte sich eine ausgeglichene Begegnung über 12:12 im ersten Viertel zum 25:25-Pausenstand. Dem britischen Spiel war das Fehlen von Highpointer James Roberts anzumerken, „er konnte aus persönlichen Gründen nicht teilnehmen“, erklärte Trainer Paul Shaw: „Wir mussten unser Spiel ändern.“ Und die neue Taktik bestand zum Beispiel darin, Daniel Dawoud auf Schwedens Starspieler Tobias Sandberg anzusetzen. Der kleine Brite hing wie eine Klette an seinem Gegner. Mitte des dritten Viertels begannen die Schweden abzubauen. „Es war unser fünftes Turnierspiel, und wir hatten den schwereren Weg ins Finale“, stellte Benoit Labrecque fest, der Coach des Vize-Europameisters. Die gelb-blau-diagonalgestreifte Glückskrawatte hatte ihm diesmal nicht geholfen. Zwei Turnovers brachten Titelverteidiger Großbritannien die 36:33-Führung  Ende des dritten Viertels. Ohne taktische Timeouts und mit Dawoud als Sandberg-Schatten gelang den Schweden keine erfolgreiche Aufholjagd. 5:45 Minuten vor Schluss hieß es 39:35, den Vorsprung erhöhten die Briten auf 46:39. Nur noch zwei Minuten waren zu spielen und die Begegnung war entschieden. Coach Shaw stieß die Faust hoch, 0,8 Sekunden vor dem Ende fuhr Ayaz Bhuta rückwärts mit dem Ball zum 49:41 über die schwedische Linie. Dann konnte die Abschlussfeier der elften Rollstuhlrugby-Europameisterschaften in der Koblenzer Conlog Arena beginnen.

Ihr erstes Edelmetall gewannen die Franzosen durch das 53:48 gegen Dänemark. Die Vorentscheidung in dieser Begegnung fiel durch eine Unkonzentriertheit des dänischen Lowpointers Eriksen kurz vor der Halbzeitpause (29:27), direkt nach Wiederbeginn nutzte Frankreich zwei Strafzeiten des Gegners zum 32:28. Die Dänen mussten mehr riskieren, kassierten Turnovers und Strafzeiten, lagen zeitweise mit sechs Toren zurück (36:30), kämpften sich allerdings 3:24 Minuten vor dem Ende auf 48:46 heran. Frankreichs Coach Olivier Cuisin wurde sichtlich unruhig, doch sein Team ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen. „Dieses Spiel war für uns wichtiger als das Halbfinale, denn wir haben unsere erste Medaille gewonnen.“

Deutschland beschloss die EM auf Platz sechs. „Damit haben wir unser Ziel ganz klar verfehlt“, gab Trainer Christoph Werner nach dem 39:46 gegen Polen zu, der torärmsten Partie dieser Titelkämpfe. In einem von vielen Turnovers geprägten Auftaktviertel erkämpfte sich die deutsche Mannschaft einen 11:10-Vorsprung, zur Halbzeitpause hieß es 19:20. Noch alles drin also, aber das Gastgeber-Team hatte schon erkennen lassen, woran es an diesem Tag mangelte. „Es bringt nichts, wenn man sich Turnovers erkämpft und diese dann wieder wegwirft, ohne die Möglichkeit eines taktischen Timeouts zu nutzen“, kritisierte der Trainer. Bei den Polen stimmte vor allem die kämpferische Einstellung. „Hoch motiviert und mit viel  Aggressivität waren sie heute das bessere Team“, sagte Werner. „Bei uns war der Kopf leer, wir waren gar nicht richtig da.“

Auch im dritten Viertel, einer in vielen Begegnungen kritischen Phase, hielt Deutschland das Spiel noch offen (29:31). Dann allerdings häuften sich Konzentrationsmängel beim Einwurf zur Spieleröffnung, Polen nutzte die Chancen zur 37:32-Führung. Als Maik Baumann dann zu lange in der Zone stand und Steffen Weckes Tor nicht anerkannt wurde, Polen aber im Gegenzug viereinhalb Minuten vor Schluss auf 39:33 erhöhte, war dieses Spiel gelaufen.

Dass die Polen damit das Gastgeber-Team überholen konnten, ist für Trainer Werner eine bittere Enttäuschung. „Ich werde lange brauchen, um das zu verdauen“, sagte er. Geplant ist im Oktober ein Trainingslager, um mit der Vorbereitung auf das WM-Qualifikationssturnier im kommenden Frühjahr zu beginnen. Denn noch hat das deutsche Team die Chance auf die WM-Teilnahme in Sydney 2018.

Quelle: Thomas Wächtler