
Mit bewährten Kräften und Schwung aus dem Paralympics-Jahr will die deutsche Nationalmannschaft bei der Rollstuhlrugby-EM im niederländischen Den Haag in jedem Fall ins Halbfinale einziehen und sich damit für die Weltmeisterschaft 2026 qualifizieren. Doch das Team von Cheftrainer Christoph Werner schielt beim Turnier vom 22. bis 27. April auch auf eine Medaille.
Schon beim ersten Spiel am Mittwoch, 23. April, geht’s in die Vollen. Wenn die deutsche Mannschaft auf Gastgeber Niederlande trifft, könnte bereits eine Vorentscheidung im Kampf um den Einzug ins Halbfinale fallen. „Dafür müssen wir gegen die Niederlande und/oder Frankreich gewinnen sowie auch unserer Favoritenrolle gegen Schweden gerecht werden. Wir haben nicht gerade die leichtere Gruppe erwischt“, berichtet Christoph Werner. An der Zielsetzung ändert das freilich nichts. Das deutsche Team will mindestens ins Halbfinale. Denn das wäre gleichbedeutend mit der Qualifikation für die Weltmeisterschaft im Sommer 2026 in Sao Paulo (Brasilien). Doch dieses Ziel haben auch die Konkurrenten in der Vorrunde. Vor allem die Niederländer wollen vor heimischem Publikum für eine Überraschung sorgen und einen der beiden Paralympics-Teilnehmer Deutschland oder Frankreich hinter sich lassen. „Wie generell im Para Sport entwickeln sich die Niederländer auch im Rollstuhlrugby sehr gut. Sie kommen immer besser in Fahrt“, erklärt Christoph Werner.
Wie gut die Gastgeber drauf sind, kann er sich bereits beim Eröffnungsspiel am Dienstagabend (22. April) gegen Schweden anschauen. Deutschland testet zuvor noch einmal gegen Dänemark – für Werner der erste Anwärter auf den EM-Titel, noch vor Frankreich oder Großbritannien. Mit den Dänen gab es in der Vorbereitung einige Duelle – dabei probierte Werner viel aus, wechselte munter durch und die Skandinavier entschieden alle Vergleiche für sich. „Wenn wir in Bestbesetzung gespielt haben, war es immer sehr eng“, sagt Werner, der sein Team fit und gut vorbereitet sieht.
Der Jüngste im Team ist 15 Jahre – die letzte EM-Medaille liegt 16 Jahre zurück
Mit Blick auf die Paralympics – es war die erste deutsche Teilnahme nach 16 Jahren Abstinenz – gibt es im Kader nur eine Änderung: Jonte Küntzel ersetzt Justus Heinrich. Küntzel ist erst 15 Jahre und damit der mit Abstand jüngste Spieler im Aufgebot. „Jonte soll in erster Linie Erfahrungen sammeln und hineinschnuppern, um die Abläufe und das Team kennenzulernen. Er wird aber bestimmt auch Spielpraxis bekommen“, sagt Werner und fügt hinzu: „Wir werden hoffentlich sehr lange sehr viel Spaß an ihm haben.“
Ebenso lange wie auf die Paralympics-Rückkehr muss die deutsche Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft auf eine Medaille bei Welt- oder Europameisterschaften warten. 2009 durfte zuletzt EM-Bronze gefeiert werden - da war Jonte Küntzel noch nichtmal auf der Welt. „Zuletzt haben wir die Medaillenränge bei Europameisterschaften zweimal nur knapp verpasst. Das vergangene Jahr mit dem erfolgreichen Qualifikations-Turnier und den Paralympics hat uns in unserer Entwicklung enorm geholfen. Wir wollen diesmal zu gerne mit einer Medaille die Heimreise antreten“, betont Christoph Werner.
„Ich hätte mir gewünscht, dass die Aufmerksamkeit rund um die Paralympics zu mehr Interesse führt“
Ein solches Erfolgserlebnis wäre nicht nur der nächste Entwicklungsschritt, sondern würde der Sportart auch zu weiterer Bekanntheit verhelfen. „Rund um die Paralympics hatten wir sehr viel Aufmerksamkeit, das war wunderbar. Ich hätte mir aber gewünscht, dass das auch zu mehr Interesse führt bei Spielerinnen und Spielern oder Vereinen. In Deutschland gibt es nur 26 Rollstuhlrugby-Vereine, damit ist natürlich kein flächendeckendes Angebot möglich. Wir brauchen noch mehr Nachwuchs- und Sichtungsarbeit. Es gibt bestimmt noch so viele Menschen mit Cerebralparese oder Dysmelie, die noch gar nicht wissen, dass es Rollstuhlrugby gibt und welche Möglichkeiten sie haben“, sagt Cheftrainer Christoph Werner.
Doch zunächst gilt der volle Fokus der Europameisterschaft in Den Haag. Nach einem abschließenden Trainingslager in Duisburg geht es weiter in die Niederlande – mit dem Ziel der WM-Qualifikation und dem Wunsch einer Medaille. Es würde einer aufstrebenden Sportart den nächsten Schub verleihen.
Weitere Informationen, Livestream und Ergebnisse gibt es auf der Veranstaltungs-Webseite.
Text: Kevin Müller / DBS
Spielplan:
Mittwoch, 23. April, 14 Uhr: Deutschland – Niederlande
Donnerstag, 24. April, 12 Uhr: Deutschland – Schweden
Freitag, 25. April, 14 Uhr: Deutschland – Frankreich
Samstag, 26. April: Halbfinalspiele
Sonntag, 27. April: Finalspiele
Das deutsche EM-Aufgebot im Überblick (Alter / Geburtsort / Verein):
Florian Bongard (31 / Bergisch Gladbach / RSG Koblenz), Moritz Brückner (26 / SF Illerrieden), Marco Herbst (36 / Rendsburg / VfL Grasdorf), Britta Kripke (47 / Buchholz i. d. Nordheide / Alstersport e. V.), Jonte Küntzel (15 / Bremen / TSV Achim) Mascha Mosel (21 / Bremen / TSV Achim), Christian Riedel (54 / Stuttgart / RSC Frankfurt), Jens Sauerbier (38 / Magdeburg / SV Eiche Biederitz), Maximilian Stolz (28 / Wittlich / RSG Koblenz), Steffen Wecke (40 / Steckby / SV Eiche Biederitz), Josco Wilke (23 / Leipzig / Leipziger Behinderten- und Reha-Sportverein e. V.)