Viel erfolgreicher hätte die Generalprobe auf den paralympischen Pisten kaum laufen können. Das alpine Skiteam sammelte im südkoreanischen PyeongChang fünfmal Gold sowie jeweils viermal Silber und Bronze, die Biathleten und Langläufer freuten sich über viermal Gold, viermal Silber und dreimal Bronze. Weniger als ein Jahr vor den Paralympischen Spielen hatten die deutschen Wintersportler mit Behinderung jede Menge Grund zum Jubeln. Abgerundet wurde die gelungene Asien-Tournee durch den Gewinn des Gesamtweltcups der Skifahrerinnen Anna Schaffelhuber (Damen sitzend) und Andrea Rothfuss (Damen stehend) sowie den Biathleten Anja Wicker und Martin Fleig. Verbesserungspotenzial gibt es in PyeongChang allerdings noch abseits der Pisten.
Die Bedingungen zwischen Start und Ziel sind für Bundestrainer Justus Wolf hervorragend. „Es ist eine wunderschöne Strecke und trotz der teils hohen Temperaturen war sie sehr gut präpariert“, erklärt Wolf. Bestens zurechtgekommen ist in PyeongChang auch Monoskifahrerin Anna Schaffelhuber (24 / Regensburg / TSV Bayerbach), die es viermal ganz nach oben aufs Treppchen schaffte und sich nur im abschließenden Slalom, den Teamkollegin Anna-Lena Forster (21 / Singen / BRSV Radolfzell) gewonnen hat, mit Rang drei begnügen musste. „Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und richtig gut funktioniert. Ich fühle mich auf der Piste super wohl und nehme viel Selbstvertrauen mit in den Sommer und nächstes Jahr zu den Spielen“, sagt die fünffache Paralympicssiegerin von Sotschi 2014.
Andrea Rothfuss freut sich bereits auf die Duelle mit Konkurrentin Marie Bochet
Deutlich verbessert war nach Umstellungen am Monoskigerät im Anschluss an die Weltmeisterschaft auch Anna-Lena Forster unterwegs. Die 21-Jährige sammelte neben Gold im Slalom noch einmal Silber und zweimal Bronze. Die frischgebackene Doppel-Weltmeisterin Andrea Rothfuss (27 / Freudenstadt / VSG Mitteltal) musste sich in PyeongChang mit dreimal Platz zwei und einmal Rang drei begnügen. In allen fünf Wettbewerben ganz vorne landete die Französin Marie Bochet, die Rothfuss bei der WM Anfang des Jahres noch zweimal bezwingen konnte. „Nach meiner langen Verletzung im vergangenen Jahr habe ich meine Form von Januar nicht ganz halten können, doch ich freue mich schon auf die Duelle mit Marie in der nächsten Saison. Schließlich habe ich bei der WM gesehen, was möglich ist“, betont Rothfuss kämpferisch. Die vielen hervorragenden Platzierungen der deutschen Athletinnen in diesem Winter bedeuteten zugleich den Gewinn der Nationenwertung bei den Damen. Dagegen kämpfte Monoskifahrer Georg Kreiter (32 / Wolfratshausen / RSV Murnau) nach einem heftigen Sturz beim vorherigen Weltcup im japanischen Hakuba mit Nackenbeschwerden und konnte dadurch seine Leistung nicht abrufen. „Er hat trotzdem viele Einblicke mitgenommen, was ihn nächstes Jahr hier erwarten wird, sowohl mit Blick auf die Strecke als auch auf das Drumherum“, sagt Bundestrainer Wolf.
Abseits der Pisten gibt es am Austragungsort der Paralympics allerdings noch Handlungsbedarf. „Deswegen waren die Test-Wettkämpfe absolut sinnvoll und notwendig“, berichtet Wolf. Hin- und Rückfahrt zum Skigebiet haben jeweils eine Stunde gedauert, die Gondeln liefen an einem Tag nicht und waren zudem für die Rollstuhlfahrer ebenso wie die sanitären Anlagen, von denen es noch zu wenige gab, „noch nicht optimal“, wie es der Bundestrainer bezeichnet. Zudem erschwerten die Baustellen knapp ein Jahr vor Beginn der Spiele den Ablauf besonders für die Athletinnen und Athleten im Rollstuhl. „Vieles hat noch nicht geklappt und wir hoffen, dass wir in einem Jahr bessere Bedingungen vorfinden. Die langen Fahrzeiten täglich schlauchen und man hat gemerkt, dass Südkorea im Behindertenskisport noch nicht allzu viele Erfahrungen hat“, sagt Wolf.
Eine unvergessliche Saison für Martin Fleig, Premieren-Sieg für Clara Klug
Über kurze Wege freuten sich hingegen die deutschen Biathleten und Langläufer. Deren Wettkampfstätte ist nur unweit des Paralympischen Dorfs und des Deutschen Hauses Paralympics, das einige Athletinnen und Athleten bereits vor Ort unter die Lupe nehmen durften. Und auch auf den Strecken kam das deutsche Team bestens zurecht. Zwar war der Schnee bei teils hohen Temperaturen nass und tief und die Loipe technisch anspruchsvoll, doch die Generalprobe lief äußerst erfolgreich. Die sehbehinderte Clara Klug (22 / München /Post München) feierte ihren ersten Weltcupsieg und zudem noch einen dritten Platz, Martin Fleig (27 / Freiburg / RIG Freiburg) jubelte über Doppel-Gold, Anja Wicker (25 / Stuttgart / MTV Stuttgart) holte Gold sowie Bronze und Andrea Eskau (26 / Apolda / HSC Magdeburg) erreichte dreimal Rang zwei und einmal Rang drei. Die Krönung der Saison gelang Wicker und Fleig beim anschließenden Weltcup-Finale in Sapporo (Japan), wo sie sich die begehrte Kristallkugel für den Biathlon-Gesamtweltcup schnappten. Für Anja Wicker war es nach 2015 die zweite Kugel, für Martin Fleig war es die Premiere. „Diese Saison wird für mich unvergesslich bleiben. Der Gesamtweltcup bedeutet für mich sehr viel, da ich schon lange im Sport dabei bin und es meine erste Kristallkugel ist“, sagt der 27-jährige Freiburger.
Mit Kristallkugeln und zahlreichen Medaillen im Gepäck kehrt die deutsche Mannschaft von der erfolgreichen Asien-Tournee zurück. „Unser Team hat sich in den letzten Jahren toll entwickelt“, lobt Bundestrainer Ralf Rombach, fügt aber mahnend an: „Wir müssen auch bedenken, dass die starke russische Mannschaft in diesem Winter nicht dabei war. Wir sollten daher nicht übermütig werden, sondern weiter hart arbeiten.“ Damit auch in einem Jahr in PyeongChang Erfolge bei den Paralympics gefeiert werden können. „Es war superschön in Südkorea. Und ich freue mich schon darauf, nächstes Jahr wiederzukommen“, sagt Anja Wicker.