Bei den DJM gelang dem sehbehinderten 17-Jährigen ein sechster Platz und ein deutscher Rekord – Weitere Höhepunkte in 2019: Die Deutschen Meisterschaften der Schwimmer ohne Behinderung und die Para Schwimm-WM
Sechstbester in seinem Jahrgang – dieses Ergebnis erzielte Taliso Engel am vergangenen Wochenende über 100 Meter Brust bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften (DJM) der Schwimmer in Berlin. Das Besondere: Er war der Einzige mit Behinderung.
Qualifiziert hatte sich der 17-Jährige, der für den TSV Bayer Leverkusen startet, für die Wettkämpfe der Athleten ohne Behinderung wegen seiner starken Zeiten, also aus sportlichen Gründen. Dabei sieht der Nürnberger deutlich schlechter als seine Kontrahenten bei der DJM. Auf seinem guten Auge sind es noch sechs bis acht Prozent, auf dem anderen weniger. Beim Schwimmen orientiert er sich an der Leine und der Linie auf dem Boden. „Bei der Wende ist es etwas schwierig, die Entfernung einzuschätzen, da ich die Wand viel später sehe“, erklärt er.
Dennoch ist es für Taliso Engel mittlerweile Alltag, sich bei Wettkämpfen und im Training mit Schwimmern ohne Behinderung zu messen. Jüngst mischte er die nationale Konkurrenz bei der DJM in Berlin auf und sicherte sich neben seinem herausragenden sechsten Platz über 100 Meter Brust zudem den achten Platz über die 50 Meter-Distanz. Darüber hinaus verbesserte er seinen eigenen deutschen Rekord über 200 Meter Brust in der Startklasse SB 13 um eine Sekunde auf 2:31,67 Minuten. „Das war eine tolle Erfahrung, ich bin zuvor noch nie bei der DJM gestartet. Es waren wirklich viele Zuschauer da“, sagt Taliso Engel, der sich beeindruckt zeigte von der Atmosphäre in der Halle.
Für diese Erfolge trainiert er täglich, samstags sogar zweimal, und das neben der Schule. Zeit für Freunde und Familie bleibt dabei manchmal nicht. „Dieses Jahr ist es besonders stressig“, berichtet Taliso Engel, denn der 17-Jährige macht quasi ganz nebenbei seinen Realschulabschluss. Die mündlichen Prüfungen hat er bereits hinter sich und Ende Juni stehen dann die schriftlichen Prüfungen an, auf die er sich zusätzlich vorbereiten muss. An den Wettkampftagen zu lernen und Hausaufgaben zu machen, ist somit fast schon normal für ihn. In seiner Heimat Nürnberg trainiert er nach der Schule in einer inklusiven Gruppe, welche ihm die besten Voraussetzungen bietet. „Im Training gibt es überhaupt keine Probleme, wir kennen uns alle schon so lange und es ist wirklich ein Ansporn, mich mit den anderen zu messen. Das macht mir Spaß“.
Zwischen olympischem und paralympischem Sport: Das Highlight ist die Para Schwimm-WM in London
So plant Taliso Engel, auch bei weiteren Wettkämpfen außerhalb des Para Sports teilzunehmen. Als nächstes stehen die Mittelfränkischen Meisterschaften Anfang Juli an, bevor er schließlich am 4. und 5. August nach Berlin zurückkehrt, um an den Deutschen Meisterschaften teilzunehmen. Die Vorfreude darauf ist groß. Am vergangenen Wochenende lernte er einen Teil seiner Konkurrenz bereits kennen und kann es kaum erwarten, diese erneut herauszufordern. Auch bei der DM will er in seiner Paradedisziplin Brust starten und die Strecken 50 und 100 Meter absolvieren.
Sein Highlight der Saison ist und bleibt jedoch die Para Schwimm-WM, welche vom 9. bis 15. September in London stattfinden wird. Nachdem 2017 die Weltmeisterschaft in Mexiko wegen eines Erdbebens ausfiel und er am Alternativtermin aufgrund schulischer Verpflichtungen nicht teilnehmen konnte, will er dieses Jahr seine WM-Premiere feiern. Und das sogar im Aquatics Centre in London, Austragungsstätte der Paralympics 2012. Die Spiele habe er damals im Livestream gesehen. „Eine tolle Halle. Es wird super, dort Schwimmen zu dürfen“, schwärmt Taliso voller Vorfreude. Über 100 Meter Brust hat er die Norm bereits deutlich unterboten und so setzt sich der EM-Bronze-Gewinner von 2018 eine Finalteilnahme als Ziel für dieses große Event. Zur Vorbereitung geht es dafür Mitte Juli auch noch einmal ins Trainingslager nach Lanzarote, sodass er bei der WM möglichst in Topform ist.
Auch kommendes Wochenende ist Taliso Engel wieder im Einsatz – wieder in Berlin, diesmal bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften der Para Schwimmer. Dort erwartet ihn ein straffes Programm, denn er wird gleich über fünf Strecken starten. So wird er die 50 Meter Freistil, 50 Meter Schmetterling, 50 Meter Brust, 200 Meter Brust sowie 200 Meter Lagen absolvieren. Sein Ziel dabei: „Bestzeiten auf allen Strecken und ein Podiumsplatz auf den Bruststrecken.“ Im Anschluss konzentriert er sich erst einmal auf seine Abschlussprüfungen in der Schule, um danach wieder voll anzugreifen. Vor allem bei den Deutschen Meisterschaften und der Para Schwimm-WM in London.
IDM Schwimmen in Berlin: Topstars und Talente
Topstars und Talente im Wasser: Vom 6. bis 9. Juni finden in der Berliner Schwimm- und Sprunghalle im Europa Sportpark die 33. Internationalen Deutschen Meisterschaften im Para Schwimmen statt. Dabei treffen Paralympics-Sieger auf Nachwuchsathleten. Über 550 Schwimmerinnen und Schwimmer aus rund 50 Nationen werden am kommenden Wochenende an den Start gehen, darunter auch die Lokalmatadorinnen Gina Böttcher (SC Potsdam), Verena Schott (BPRSV Cottbus) und die frischgebackene dreifache Weltrekordhalterin Elena Krawzow (PSC Berlin).
„Die IDM Schwimmen ist inzwischen zu einem internationalen Schwimmwettbewerb von Rang aufgestiegen und ein fester Bestandteil der Sportmetropole Berlin. Wir danken dem Senat für die Unterstützung und freuen uns außerordentlich, dass wir mit diesem wunderbaren Para Sportevent einen Beitrag zu Inklusion in der Hauptstadt leisten können“, sagt der Präsident des Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes Özcan Mutlu. Zudem sind die Wettkämpfe gleichzeitig auch das Finale der World Series des Internationalen Paralympischen Komitees. Los geht es ab Donnerstag jeweils vormittags um 9 Uhr und nachmittags um 17 Uhr, am Sonntag bereits um 16 Uhr. Alle Informationen zu den Wettkämpfen gibt es unter <link http: www.idm-schwimmen.de>www.idm-schwimmen.de.