Thomas Schmidberger
Paralympics

Die große Unbekannte

Para Tischtennis: Nach viermal Silber bei den Paralympics in Rio soll es für die deutschen Para Tischtennisspieler*innen um Thomas Schmidberger auch in Tokio wieder Medaillen geben. Ob es tatsächlich dazu kommen wird, ist unsicher: Ausbleibende Vergleiche mit der internationalen Konkurrenz lassen kaum Prognosen zu. Zwei Regeländerungen könnten den Medaillenträumen des deutschen Teams jedoch entgegenkommen.

Autor: Niklas Klütsch
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 25. August 2021

Thomas Schmidbergers Worte lassen tief blicken: „Die Europameisterschaft in Schweden 2019 war mein letzter richtiger Wettkampf auf internationaler Ebene“, sagt der zweifache Paralympics-Medaillengewinner. Für den 29-Jährigen und seine Mitspieler*innen sorgte die Pandemie, wie bei vielen anderen Sportarten, für eine erschwerte Vorbereitung auf den anstehenden sportlichen Höhepunkt in Japan. Von einem Nachteil möchte Schmidberger dennoch nichts wissen: „Natürlich hat uns allen die Wettkampfpraxis gefehlt“, sagt er: „Mit derartigen Problemen hatten allerdings viele Nationen in ähnlicher Weise zu kämpfen. Das ist sicherlich nicht optimal. Wir haben jedoch das Optimum herausgeholt und so viele Wettkampfsituationen wie möglich simuliert.“ Eine Vorhersage über den eigenen Leistungsstand sowie die Form der Konkurrenz in Tokio ist dadurch allerdings nahezu unmöglich.

Nach Bronze bei den Paralympics in London 2012 und Silber in Rio de Janeiro 2016 wäre es eine dieser besonderen Paralympics-Geschichten, würde sich der Spieler von Borussia Düsseldorf nun seinen Traum von Gold erfüllen. Schmidberger selbst möchte von derartigen Träumereien nichts wissen. Für ihn gilt es, „so gut wie möglich mit den Herausforderungen zurechtzukommen, die in diesem Jahr auf die Athlet*innen zukommen“, betont er: „Vor allem wenn es heißt, sich auch unter Wettkampfstress voll zu fokussieren.“ Denn die diesjährigen Paralympischen Spiele finden unter erschwerten Bedingungen statt. Neben leeren Arenen sind die Sportlerinnen und Sportler vor allem mit täglichen Corona-Tests und vielen weiteren Pandemie-Bestimmungen konfrontiert: eine enorme mentale Belastung und – ein Hauptgrund dafür, dass sich Schmidberger mit der Definition eines Ziels für die anstehenden Wettkämpfe schwertut. „Grundsätzlich geht es als Leistungssportler natürlich auch immer um Platzierungen“, sagt er: „Aufgrund der Ungewissheit, die bei diesen Spielen herrscht, sehe ich es allerdings kritisch, meine Erwartungen an Ergebnisse zu knüpfen.“
 
Zusätzliche Medaillenchancen durch Regeländerungen

Neben Schmidberger kämpfen sieben weitere deutsche Para Tischtennisspieler*innen in Tokio um Medaillen: die Silbermedaillengewinner*innen im Einzel von Rio, Valentin Baus (Wettkampfklasse WK5) und Stephanie Grebe (WK6), Thomas Brüchle (WK3), Sandra Mikolaschek (WK4), Thomas Rau (WK6), Juliane Wolf (WK8) und Paralympics-Debütant Björn Schnake (WK7).
Im Mannschaftswettbewerb werden neben dem Silber-Duo der letzten Paralympics, Thomas Schmidberger und Thomas Brüchle, auch Björn Schnake und Thomas Rau sowie Stephanie Grebe und Juliane Wolf antreten. Dem deutschen Damen-Team kommt in diesem Jahr eine Regeländerung entgegen: Die Klassen im Teamwettbewerb werden diesmal kompakter zusammengefasst. Für Grebe und Wolf bedeutet das konkret, dass sie sich ausschließlich mit Athlet*innen der Wettkampfklassen sechs bis acht messen werden, wodurch die Medaillenchancen steigen. Der Bundestrainer sieht die Veränderung rundum positiv. „Diese Reform war längst überfällig. Die Leistungen der Athletinnen und Athleten werden durch die Regeländerung vergleichbarer und der Wettbewerb schlichtweg fairer“, sagt er.  
 
Bei den Para Tischtennis-Wettkämpfen in Tokio wird es eine weitere Reform geben. Im Vergleich zu den letzten Spielen fällt das „kleine Finale“ weg. Dadurch erhalten unterlegenen Halbfinalist*innen automatisch Bronze, wodurch die Anzahl der möglichen Medaillen steigt. Anlass für eine forschere Zielvorgabe durch Bundestrainer Volker Ziegler ist aber auch diese Regeländerung nicht. „Natürlich wehren wir uns nicht gegen Erfolge. Allerdings werden seitens des Trainer- und Betreuerstabs keine Medaillenziele vorgegeben“, stellt er klar: „Wir möchten maximale Bereitschaft sehen und hoffen dann auf eine gewisse positive Eigendynamik während der paralympischen Wettkämpfe.“

Unter dem Strich steht fest: Eine große Unbekannte bleibt. Der Vorfreude auf erfolgreiche Spiele der deutschen Para Tischtennis-Nationalmannschaft tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Spannung steigt dadurch umso mehr. Bleibt also zu hoffen, dass die „coole Truppe“, wie Tom Schmidberger sein Team beschreibt, in Tokio überzeugen kann.

Mehr Informationen zur Sportart Para Tischtennis inklusive eines Erklärfilms gibt es auf parasport.de

Quelle: Niklas Klütsch