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Para Triathlon: Schulz‘ Plan gegen die WM-Durststrecke

Sechs Jahre nach seinem letzten WM-Titel möchte Paralympics-Sieger Martin Schulz bei den Weltmeisterschaften der Para Triathleten in Abu Dhabi wieder ganz oben auf dem Podium stehen. Angeführt von den Medaillen-Kandidaten Schulz und Elke van Engelen feiert im deutschen Team von Bundestrainer Tom Kosmehl überdies Max Gelhaar sein Para-Triathlon-Comeback.
Para Triathlon: Schulz‘ Plan gegen die WM-Durststrecke
Martin Schulz Foto: © Joachim Sielski / DBS
23. November 2022

Martin Schulz hat in seiner Karriere schon alles gewonnen. Paralympics-Sieger in Rio 2016 und Tokio 2021 war er, dazu dreifacher Welt- und zehnfacher Europameister – kürzlich wurde er als erster Para Athlet mit der sächsischen Sportkrone als Sachsens Sportler des Jahres 2021 geehrt. Eine herausragende Bilanz für den 32-Jährigen aus Leipzig, der nicht müde wird, sich stets neu zu motivieren und nach neuen Zielen zu suchen.

Die Titelkämpfe in Abu Dhabi, die vom 24. bis 26. November im Emirat stattfinden, sind für den erfolgreichen Para Triathleten Herausforderung und Chance zur Wiedergutmachung zugleich. Vor einem Jahr verpasste Schulz an gleicher Stelle einen Podestplatz bei der WM und kam bei großer Hitze und hohen Wassertemperaturen enttäuscht als Vierter ins Ziel. Diese Erfahrung soll sich möglichst nicht mehr wiederholen. „Martin will das Resultat aus dem letzten Jahr wiedergutmachen“, kündigt Bundestrainer Tom Kosmehl an. „Er fährt nicht nur zur WM, um teilzunehmen, sondern möchte an seine Leistung bei den Paralympics in Tokio anknüpfen und Weltmeister werden.“

Sein letzter WM-Triumph liegt bereits sechs Jahre zurück. 2019 war Schulz Zweiter. Nun möchte er seine lange WM-Durststrecke beenden und beweisen, dass er noch immer das Zeug dazu hat, Weltmeister zu werden. Die Para Sportler*innen bestreiten am 24. November ihren Wettkampf. Schulz startet in der Klasse PTS 5 und geht um 10 Uhr ins Rennen über 750 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer Laufen. Auf dem Weg zu seinem dritten Titel möchte er dann endlich auch seinen Dauerrivalen Daniel Stefan aus Kanada, den er bei beiden Paralympics-Siegen hinter sich ließ, bei einer Weltmeisterschaft schlagen. „Dafür hat Martin hart trainiert. Er ist gut drauf und positiv gestimmt. International hat er in diesem Jahr alle Rennen gewonnen, und sich nebenbei über die Mitteldistanz ausprobiert“, fügt Kosmehl an, der seinem Schützling beste Chancen ausrechnet. „Martin ist ein Typ für Hitze, er kann mit hohen Temperaturen umgehen.“

Tatsächlich wird es mitentscheidend sein, wer sich auf die extremen klimatischen Bedingungen am besten einstellen kann. Während sich in Deutschland die Menschen langsam auf die Vorweihnachtszeit einstimmen, sollen die Para Triathleten in Abu Dhabi bei Außentemperaturen jenseits der 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 Prozent Höchstleistungen erbringen. „Zumindest ist die Wassertemperatur besser als letztes Jahr, das ist aber mit einem Schmunzeln zu betrachten“, entgegnet Kosmehl etwas ironisch, denn noch immer sei das Wasser 30 Grad warm. „Das ist so, als würde man in einen Pool springen. Zum Relaxen im Urlaub ist das schön, aber hier geht es darum, dass Athleten in diesem Wasser Spitzenleistungen abrufen sollen.“

Im vergangenen Jahr wäre das Schwimmen aufgrund der zu hohen Wassertemperatur beinahe abgesagt worden. Bei 32 Grad und mehr würde nicht geschwommen, fügt Kosmehl an, der es als höchst fragwürdig ansieht, „ein solches Rennen an einen solchen Ort zu dieser Jahreszeit zu legen. Für einige Athleten ging es im Februar oder März schon los. Das nächste Rennen ist schon wieder im März nächstes Jahr. Ich kann schon verstehen, dass solche Länder den Zuschlag bekommen. Die Suche nach Ausrichtern ist nicht so einfach, weil sich anderswo niemand bewirbt. Aber die Sportlerinnen und Sportler sollten nicht darunter leiden.“

Bei Außentemperaturen jenseits der 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 Prozent bedarf es einer guten Wettkampfvorbereitung. Um sich an die wärmere Umgebung zu gewöhnen, reiste das deutsche Team Anfang November nochmal für zehn Tage nach Mallorca und trainierte dort unter „guten bis sehr gute Bedingungen“, wie Kosmehl betont. „Neben den intensiven Einheiten ging es in erster Linie darum, einige der Hitzestrategien anzuwenden.“ Gleiches galt nach der Ankunft in Abu Dhabi. „Wir haben letzte Maßnahmen wie das Tragen der Kühlwesten ausgetestet und in unserer unmittelbaren Vorbereitung Dinge wie die Getränkeaufnahme geübt. Dabei geht es bspw. um die Fragen: Was trinke ich und wie viel?“, erläutert der Coach. „Kühle Getränke sind super, aber man muss sie im Wettkampf auch vertragen und wissen, wie man sie dem Körper zuführt.“

Gleiches gelte im Umgang mit den Kühlwesten. Ziel sei es, nicht mit einem überhitzten Körper ins Rennen zu gehen. Das Tragen der Weste handhabe aber jeder Athlet anders. „Martin wärmt sich ohne Weste auf, trägt sie zwischendurch, andere Sportler*innen wiederum fahren sich auf der Rolle damit warm“, sagt Kosmehl. Die Automatisierung dieser Abläufe erfordere enorme Vorarbeit und Abstimmung innerhalb des Teams. „Wir arbeiten dahingehend super mit den Staff der olympischen Mannschaft zusammen und helfen uns gegenseitig.“

Auch der 57-jährigen Elke van Engelen traut der Bundestrainer in der Startklasse PTS 4 eine vordere Platzierung zu. Die Vorjahresdritte hat im vergangenen Jahr gezeigt, dass auch sie sich auf die schwierigen Umstände gut einstellen kann. „Sie konnte die Vorbereitung aufgrund ihrer Arbeit als Zahnärztin nicht so gestalten, wie sie es sich gewünscht hätte, aber sie hat die Erfahrung und weiß, was auf sie zukommt“, sagt Kosmehl. „Elke wird versuchen, das Podium anzugreifen. Ob es gegen die teils deutlich jüngere Konkurrenz gelingt, wird man sehen. Auf jeden Fall will sie den jungen Wilden das Leben schwer machen.“

Mit Max Gelhaar kehrte in diesem Jahr ein bekanntes Gesicht zum Para Triathlon zurück, der zuletzt berufsbedingt zwei Jahre der Sportart den Rücken kehrte. Der 25-Jährige aus Leipzig startet in der Klasse PTS 3 und nutzt die WM, um wieder internationale Wettkampfluft zu schnuppern und Abläufe zu automatisieren. „Max hat durch die Hinzunahme seiner Startklasse bei den Paralympics in Paris neue Motivation geschöpft und will es nochmal wissen. Er trainiert seit gut einem halben Jahr zielstrebig und ist langsam wieder auf dem alten Stand. Vom Podium bis Platz acht ist bei ihm alles möglich“, glaubt Kosmehl, der mit einem kleinen, aber doch aussichtsreichen Team in Abu Dhabi an den Start geht – und zum Start in den Advent nicht mit leeren Händen nach Hause kommen möchte.

Weitere Informationen und Ergebnisse gibt es auf der Veranstaltungs-Webseite, auch ein Livestream soll angeboten werden.

Text: Stefanie Bücheler-Sandmeier / DBS