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Rollstuhlfechten-EM: Kampf um Paris-Ticket in Paris

Für die deutsche Nationalmannschaft im Rollstuhlfechten startet am Dienstag die Europameisterschaft in Paris (5. bis 10. März) - und damit dort, wo ein Großteil des aktuellen EM-Kaders in einem knappen halben Jahr bei den Paralympics wieder um Medaillen kämpfen möchte. Um diesen Traum zu verwirklichen, brauchen die Athlet*innen von Bundestrainer Alexander Bondar allerdings noch gute Platzierungen und in manchen Fällen sogar Edelmetall.
Rollstuhlfechten-EM: Kampf um Paris-Ticket in Paris
04. März 2024

Maurice Schmidt ist der einzige Athlet, der schon mehr oder weniger entspannt in Richtung Paralympics blicken kann. Der amtierende Vize-Europameister mit dem Säbel hat über die vergangenen Monate so viele Weltranglistenpunkte gesammelt, dass ihm die Qualifikation für die Spiele nur noch durch eine Verletzung zu nehmen wäre – obwohl der Qualifikationszeitraum noch bis Mai läuft. „Maurice könnte sich theoretisch bis August auf die faule Haut legen und wäre bei den Spielen trotzdem dabei. Das ist aber natürlich nicht unser Anspruch. Wir hoffen schon darauf, dass er wieder ein bis zwei Medaillen gewinnt – auch um seine Weltranglistenposition weiter zu verbessern“, sagt Bundestrainer Alexander Bondar. Denn die Ranglistenposition entscheidet über die Setzliste bei den Paralympischen Spielen: „So können wir ein Stück weit beeinflussen, auf wen wir in einem halben Jahr treffen, es wird also eine ziemliche Taktiererei“, erklärt der Bundestrainer.

Ein taktisches Mittel könnte Felix Schrader werden. Der 20-Jährige hat zwar selbst nur noch Chancen im Team, auf den zweiten Zug nach Paris aufzuspringen, durch eine gute Platzierung im Einzel und dem Ausschalten möglichst vieler Konkurrenten kann er allerdings dafür sorgen, dass die Qualifikation seines Teamkollegen Julius Haupt im Einzel wahrscheinlicher wird. Der Athlet des FC Tauberbischofsheim braucht nämlich nicht weniger als die Bronzemedaille mit dem Florett, um den Traum von der ersten Paralympics-Teilnahme im Einzel zu wahren: „Sollte Julius Bronze gewinnen, würden seine Chancen sehr gut stehen, andernfalls würde es schwer werden, aber es wäre nicht unmöglich“, erläutert Bondar.

Außerdem ist bei den Herren Tim Widmaier nominiert. Er ersetzt den verletzten Balwinder Cheema im Teamwettbewerb. Es ist jedoch noch fraglich, ob Widmaier den verletzten Routinier überhaupt ersetzen darf. Aktuell ist der 34-Jährige noch in der Kategorie B klassifiziert. Dort sind alle Athlet*innen verordnet, die Beeinträchtigungen der Bein-, Rumpf- oder Fechtarmfunktion haben. Widmaier soll allerdings noch vor der Europameisterschaft neu klassifiziert werden. Sollte er dabei nicht wieder in die Kategorie B eingestuft werden, würde dem deutschen Team der notwendige Athlet aus dieser Klasse zur Teilnahme am Mannschaftswettbewerb fehlen. „Da müssen wir einfach abwarten, aktuell stehen wir für die Paralympics-Qualifikation aber noch gut da. Wir sind mit allen drei Waffen (Florett, Säbel, Degen) mindestens unter den besten zehn Nationen der Welt“, so Bondar. Der Neuling im Aufgebot ist Clemens Cursiefen. Der 21-Jährige soll die EM als ideale Vorbereitung auf die U17/U23-WM in Nakhon Ratchasimain (Thailand) im April nutzen.

Mit Denise Hutter ist nur eine Dame für das Turnier in Paris nominiert, sie ist aber so etwas wie der Shootingstar im deutschen Team. Bei ihrer WM-Premiere im vergangenen Oktober belegte sie mit dem Säbel einen guten sechsten Platz – und auch vor der anstehenden EM unterstrich Hutter nochmals ihre Ambitionen, als sie beim Lehrgang in Polen mit Jadwiga Pacek und Karolina Strawinska die Nummer zehn und Nummer 14 der Welt besiegte: „Da vor den beiden Polinnen zurzeit nur vier weitere Athlet*innen liegen, die an der EM teilnehmen werden, ist eine Bronzemedaille für Denise im Bereich des Möglichen“, glaubt Bondar. Chancen auf die Paralympics hätte Hutter aber auch im Falle eines EM-Sieges nicht mehr. Weiterhin auf die Paralympics hoffen darf Sylvi Tauber – die für die Europameisterschaft ebenfalls verletzungsbedingt ausfallen wird. Nach aktueller Sachlage wäre die Paralympics-Teilnehmerin von Tokio auch bei ihren zweiten Spielen dabei – durch ihr Fehlen in Paris besteht aber die Gefahr, in der Weltrangliste weiter abzurutschen.

Insgesamt hofft der Bundestrainer auf ein ähnliches Ergebnis wie bei den vergangenen Europameisterschaften 2022 in Polen: „Da gab es drei Medaillen und vier Top-Acht-Platzierungen, das wollen wir auf jeden Fall bestätigen.“ Die letzte Gelegenheit auf Qualifikationspunkte für die Paralympics haben seine Athlet*innen beim Weltcup in Sao Paulo (Brasilien) vom 23. bis 26. Mai.

Hier gibt es weitere Infos zur EM im Rollstuhlfechten

 

Das deutsche Aufgebot für die EM im Rollstuhlfechten:

Julius Haupt (23 / Weimar / FC Tauberbischofsheim), Felix Schrader (20 / Esslingen / SV 1845 Esslingen), Denise Hutter (24 / Fürstenfeldbruck / Fecht Club Gröbenzell), Maurice Schmidt (24 / Laichingen / SV Böblingen), Tim Widmaier (34 / Stuttgart / SV Böblingen), Clemens Cursiefen (21 / Boston (USA) / Kölner Fechtklub)

Von Moritz Jonas / DBS