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IDM Para Schwimmen: Weltrekorde für Böttcher und Topf

Bei den 37. Internationalen Deutschen Meisterschaften (IDM) im Para Schwimmen haben Gina Böttcher und Josia Topf mit ihren Bestmarken für ein fulminantes Ende der viertägigen Titelkämpfe in Berlin gesorgt. Bundestrainerin Ute Schinkitz sah Top-Leistungen, ein gelungenes Comeback von Elena Semechin – und die zwölfjährige Lokalmatadorin Johanna Döhler, die völlig überraschend die Norm für die Weltmeisterschaften in Manchester schaffte. Rund 550 Athlet*innen aus 50 Nationen waren am Start. Der Deutsche Behindertensportverband präsentiert die Ergebnisse und besonderen Leistungen gemeinsam mit der Heinz-Kettler-Stiftung.
IDM Para Schwimmen: Weltrekorde für Böttcher und Topf
Foto: © DBS / NPC Germany
16. Mai 2023

Die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark Berlin hat ihrem Ruf, über ein besonders „schnelles Wasser“ zu verfügen, alle Ehre gemacht und an den insgesamt vier Wettkampftagen der IDM für 22 Weltrekorde gesorgt. Drei davon schwammen deutsche Para Schwimmer*innen zum Abschluss der Titelkämpfe. Allen voran Gina Böttcher (SC Potsdam), die ihre Vorlauf-Weltrekordzeit über die nicht-paralympischen 200 Meter Lagen im Finale sogar noch einmal unterbot (4:04,24 Minuten). Ihr folgte Josia Topf (Schwimmverein Erlangen) über 50 Meter Schmetterling (46,99 Sekunden). Beide setzten nach kräftezehrenden Tagen zum Abschluss Glanzpunkte unter ein gutes deutsches Ergebnis. „Ich freue mich sehr über die vielen guten Leistungen, insbesondere die Bestzeiten und die erreichten WM-Normen. Die Athletinnen und Athleten, die zuvor bereits die Qualifikation gesichert hatten, konnten ihre Zeiten bestätigen oder sogar verbessern“, betont Bundestrainerin Ute Schinkitz, die die Wettkämpfe in Berlin als „gelungene Zwischenstation auf dem Weg zur Weltmeisterschaft“ vom 31. Juli bis 6. August in Manchester bezeichnete.

Insgesamt 13 Schwimmer*innen haben die Norm geschafft – und werden von Schinkitz für eine Nominierung vorgeschlagen. Dazu gehört überraschend auch die erst zwölfjährige Johanna Döhler vom Berliner Schwimmteam. Die Zuschauer auf der Tribüne staunten jedenfalls nicht schlecht, als die Nachwuchsathletin über 400 Meter Freistil mit 5:17,09 Minuten die WM-Norm erfüllte und sich nun Hoffnungen auf die Teilnahme in Manchester machen darf. „Das war ein tolles Rennen und eine echte Überraschung“, bestätigt auch Ute Schinkitz, die sich für die talentierte Schwimmerin freut. „Sie ist allerdings noch sehr jung. Wir werden besprechen, ob die WM-Teilnahme bereits Sinn macht. Im Endeffekt muss sie mitentscheiden. Aber sie hat die Norm und dürfte starten.“

Gleiches gilt für Elena Semechin, die in ihrem ersten Wettkampf nach überstandener Chemotherapie über 100 Meter Brust deutsche Meisterin wurde. Mit ihren 1:14,02 Minuten lag sie nur knapp über ihrer Weltrekordzeit und verwies alle nationalen und internationalen Gegnerinnen auf die Plätze. „Das war ein toller Start in die Saison. Eine bessere Atmosphäre hätte man sich nicht wünschen können. Das habe ich sehr genossen", berichtet die 29-Jährige, die anschließend jedoch erkrankt ausfiel. Ihr Ziel sind die Weltmeisterschaften. „Vom Trainingsaufwand bin ich bei 80 Prozent. Ich bin noch lange nicht da, wo ich wieder sein möchte. Die Nachwirkungen der Chemo merke ich natürlich schon. Die Regenerationszeit ist viel länger, die Belastungsverträglichkeit ist auch noch nicht wieder so richtig da. Wir versuchen, bis zur WM so viel wie möglich herauszukitzeln“, entgegnete die Paralympics-Siegerin von Tokio.

Für Malte Braunschweig (Berliner Schwimmteam) begannen die Wettkämpfe mit einem bitteren Dämpfer. Über seine Paradestrecke, die 100 Meter Schmetterling, schwamm er deutschen Rekord, wurde aber aufgrund eines Frühstarts disqualifiziert. Taliso Engel verpasste krankheitsbedingt das Finale über 100 Meter Brust, für das er sich mit einer hervorragenden Zeit qualifiziert hatte, und musste dadurch auch an den folgenden Wettkampftagen passen.

Dafür machten andere Athlet*innen auf sich aufmerksam. Aus deutscher Sicht setzte vor allem Verena Schott gleich mehrere Ausrufezeichen. Die 34-Jährige sicherte sich direkt am ersten Tag der IDM drei deutsche Meistertitel – schwamm über 400 Meter Lagen (6:36,56 Minuten), 200 Meter Rücken (2:57,73 Minuten) und auch über die 100 Meter Schmetterling (1:27,07 Minuten) allen Konkurrentinnen davon. Und sie legte an den folgenden Wettkampftagen mit Bronze über 50 Meter Rücken und Gold über 50 Meter Brust nach.

Spektakulärer Höhepunkt dieser Meisterschaften war der kolumbianische Dreifach-Triumph über 50 Meter Brust. Gleich drei Para Schwimmer aus Kolumbien standen auf dem Siegerpodest – und alle drei schwammen das Rennen in Weltrekordzeit. Die Zuschauer in der Berliner Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark waren begeistert. „An allen Wettkampftagen herrschte eine grandiose Stimmung. Wir sind froh, dass wir nach der Corona-Pandemie erstmals wieder Zuschauer in der Halle hatten und ohne Einschränkungen diese Internationalen Deutschen Meisterschaften durchführen konnten“, sagte Veranstaltungsleiter Matthias Ulm.

Für das deutsche WM-Team geht es nach einer kurzen Erholungsphase nach Christi Himmelfahrt weiter mit einer Leistungsdiagnostik in Leipzig. Anschließend absolvieren die Sportler*innen letzte Trainingslager, einige starten als Vorbereitung bei den diesjährigen Finals vom 6. bis 9. Juli in Berlin.

Hier gibt es die weiteren Medaillengewinner*innen und die vollständigen Ergebnislisten.

Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.


Text: Stefanie Bücheler-Sandmeier / DBS